Nachdem die Neo-Bank N26 im Februar 2020 bekanntgegeben hat, ihre Zelte in Grossbritannien abzubrechen, geraten nun möglicherweise die geplanten Expansionspläne ins Stocken. Dürfte der Rückzug aus Grossbritannien primär mit Konkurrenz- und Kostengründen zusammenhängen, so schlagen bei den Fragezeichen zur weiteren Expansion die Begleiterscheinungen der Corona-Krise durch.
N26 in der Corona-Krise
Die Auswirkungen der Corona-Krise scheinen die Neo-Bank N26 besonders hart zu treffen. In einem Gespräch mit der Financial Times (Paywall) hat Georg Hauer, General Manager DACH, infrage gestellt, ob der für 2021 geplante Start in Brasilien weiterhin realistisch bleibt. Ursprünglich stand für den Markteintritt in Brasilien Ende 2020 in der Agenda, nun hat auch der Verschieber auf 2021 durch die Corona-Krise ein Fragezeichen bekommen.
Hauer hat gegenüber der Financial Times angegeben, dass die Konsumausgaben um rund ein Drittel zurückgegangen wären. Das wirkt sich für N26 insofern negativ aus, als die Neo-Bank einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen aus den Gebühren für Kreditkarten-Transaktionen generiert.
Diese erlösmindernden Veränderungen im Zahlungsverhalten sieht N26 nicht als kurzfristigen Trend, wie ein Auszug aus der Medienmitteilung zeigt:
"Durch die derzeitigen Ausgangs- und Reiserestriktionen geben Menschen insgesamt weniger Geld aus. Nicht nur kurzfristig, sondern auch mittelfristig werden die Konsumausgaben gerade in den von COVID-19 schwer betroffenen Ländern stark rückläufig sein. Dies führt unter anderem zu Rückgängen bei den Kontoumsätzen in der gesamten Bankbranche. Als Bank mit starkem Geschäft in ganz Europa müssen wir uns an die Auswirkungen, die das Coronavirus auf das Leben der Menschen hat, anpassen."
Aus den oben angeführten Gründen hat N26 bereits vor einigen Tagen angekündigt, dass 150 Mitarbeiter auf Kurzarbeit gesetzt werden sollen. Auch die Marketingausgaben sind aktuell zurückgefahren worden, weil Aussenwerbung wenig Sinn macht, "wenn die Menschen zu Hause eingesperrt sind". N26 will nach Kauer die aktuellen Trends beobachten und je nach Entwicklung Planung und Massnahmen entsprechend anpassen.
Revolut im Hoch?
Nach einem Bericht der Financial News (Paywall) will die Challenger-Bank Ende 2020 zum ersten Mal schwarze Zahlen schreiben. Das ist allerdings keine bestätigte Meldung von Revolut selbst, sie soll aus gut informierten Kreisen im Umfeld des Unternehmens stammen.
Schwer zu glauben und zumindest sehr erstaunlich – das hervorragend finanzierte Unternehmen (Series-D-Runde im Februar 2020 mit 500 Millionen US-Dollar) operiert sehr aggressiv und mag gut unterwegs sein, wird sich jedoch kaum den Auswirkungen der Corona-Krise entziehen können. Dennoch, gerade in diesem schwierigen Jahr Break Event zu erreichen, wäre überraschend und sehr erfreulich gleichzeitig.
Welche Pläne Revolut aktuell und mit der gewaltigen Kapitalspritze verfolgt, haben wir in einem gesonderten Artikel im Februar nachgezeichnet.