Das extreme Wachstum der letzten Jahre und die Zinswende hatten auch beim Milliarden-FinTech Klarna Spuren hinterlassen. Co-Gründer und CEO Sebastian Siemiatkowski hatte allerdings vergleichsweise früh reagiert, verschiedene Sparschrauben angezogen und auch einige unpopuläre Entscheidungen getroffen – Straffung der Strukturen, Funktionen und Entlassungen inklusive.
Siemiatkowski reagierte damit auf den gedrehten Wind bei den Investoren und meinte vor einem Jahr:
Wir hatten jetzt einige Jahre, in denen Wachstum von Investoren sehr stark priorisiert wurde – jetzt wollen sie verständlicherweise Profitabilität sehen
Zum Zeitpunkt dieses Statements war Klarna noch mit massiv gestiegenen Betriebskosten und hohen Verlusten unterwegs. Der seither eingeschlagene Kurs scheint Früchte zu tragen, das FinTech meldet für das dritte Quartal 2023 einen Betriebsgewinn von 130 Millionen schwedischen Kronen, das entspricht knapp 11 Millionen US-Dollar – gegenüber einem Verlust von 183 Millionen US-Dollar im Vorjahr.
Siemiatkowski erwartet, dass sich diese Dynamik im vierten Quartal 2023 fortsetzen wird. Mit diesem Ergebnis liegt der CEO auf dem Punkt seiner Prognose vom vergangenen Mai. Damals stellte er in Aussicht, dass Klarna in der zweiten Jahreshälfte 2023 auf Monatsbasis die Gewinnzone erreichen sollte.
Schnelles und entschlossenes Handeln bringt gewünschte Resultate
Bemerkenswert ist, dass ein international operierendes Riesen-FinTech, trotz Supertanker-Dimensionen, offenbar immer noch in der Lage ist, wie ein Schnellboot zu agieren. Als sich vor und mit der Zinswende die wirtschaftlichen Umfelder eintrübten, meinte der Klarna-CEO, dass die heutige Welt eine völlig andere wäre als jene vor einem Jahr. Die damals formulierten Geschäftspläne für das laufende Jahr wären heute weitgehend Makulatur.
Schnelles und entschlossenes Handeln hat offenbar zu den gewünschten und prognostizierten Resultaten geführt. Klarna hat in eher kurzer Zeit mit einer angepassten Strategie und dem eingeschlagenen Konsolidierungskurs eine schwierige Situation ohne grössere Dellen überstanden. Das Unternehmen schreibt aktuell Gewinne und wächst im geplanten und möglichen Rahmen weiter.
Mehr als nur Buy now, Pay later
Das Geschäftsmodell von Klarna wird stark mit Services rund um Buy now, Pay later (BNPL) assoziiert. Das ist im Kern richtig, die Angebote des Zahlungsdienstleisters gehen jedoch sehr weit über BNPL hinaus.
Klarna verbindet beim Shopping und bei der Zahlungsabwicklung Händler und deren Kunden. Beiden Gruppen bietet das FinTech eine Vielzahl von Dienstleistungen und Features, die weltweit genutzt werden. Klarna meldet denn auch an der Händler- und an der Kundenfront ein weiterhin starkes Wachstum – in Bezug auf Nutzerinnen und Nutzer wie auch bei den Umsätzen.
Das FinTech versteht sich nicht als reiner technischer Zahlungsabwickler, Klarna schafft Shopping-Erlebnisse. Und mit seiner App für Millionen von Nutzerinnen und Nutzern eine KI-unterstützte Komfort-Umgebung fürs Shopping mit ausgebauten Leistungen. Zahlung und Zahlungsabwicklung steht am Ende der Shopping-Erlebnis-Kette – mit oder ohne BNPL – mit anschliessenden Services, die unter anderem die Bewirtschaftung offener Rechnungen, das Handling von Retouren und weitere Leistungen umfassen.
Klarna bringt inzwischen rund 150 Millionen Endkunden mit 500'000 aktiven Händlern zusammen und koordiniert alle Aktionen zwischen Handel und Käufern. Das generiert ein Volumen von derzeit zwei Millionen Transaktionen pro Tag. Die Services des FinTechs sind in zahlreichen europäischen Märkten sowie in den USA verfügbar.
Klarna ist auch eine Neo-Bank
In ausgewählten Märkten ist Klarna auch eine Neo-Bank mit Konto, Karte, Zahlungs-, Budget-, Spar- und Geldanlagen-Features. Als FinTech mit Banklizenz hat Klarna jederzeit die Möglichkeit, als Neo-Bank auch in weiteren europäischen Ländern zu starten. App und Technologie sind vorhanden, das Know-how ebenfalls.
Zudem – etwas weniger bekannt – betreibt Klarna eine eigenen Open-Banking-Lösung. In diesem Bereich ist das FinTech seit Jahren schon aktiv und unterstützt 24 Länder in Europa.
Diese verschiedenen Bühnen, die von Klarna bespielt werden, machen das FinTech zu einem sehr interessanten Unternehmen. Shopping- und Zahlungs-App, die starke Anbindung von Handel und Endkunden, Neo-Bank und Open-Banking-Dienstleistungen könnten sich innerhalb einer neu definierten Strategie gegenseitig verstärken und Dinge möglich machen, die auf einer beschränkten Bühne allein nicht zu schaffen sind. In Bezug auf mögliche Symbiosen und Synergien hat sich Klarna bisher noch nie in die Karten schauen lassen. Es wäre jedoch erstaunlich, wenn längerfristig keine Pläne dazu bestehen würden.