Die FINMA macht Druck und die nächsten Monate werden zeigen, wer im Regen steht und wer in neuen Konstellationen im Trockenen weiter geschäftet.
Vermögensverwalter und Trustees müssen sich seit dem 1. Januar 2020 von der FINMA bewilligen und von einer Aufsichtsorganisation (AO) beaufsichtigen lassen. Die eingeräumte Übergangsfrist für bestehende Vermögensverwalter (IAMs) läuft am 31. Dezember 2022 ab.
Die FINMA hat Vermögensverwalter mehrmals angemahnt, die notwendigen Schritte rechzeitig zu unternehmen und ihr Bewilligungsgesuch bis Mitte 2022 bei einer AO einzureichen, weil: die Bestätigung für einen AO-Anschluss ist zentraler Meilenstein und Voraussetzung, bevor bei der FINMA ein Bewilligungsgesuch eingereicht werden kann. Und weil die AO rund sechs Monate für das Verfahren braucht, ist für Nachzügler nach dem 30. Juni 2022 der Prozess bis und mit Bewilligungsgesuch bei der FINMA nicht mehr zu schaffen.
Die FINMA wird ungemütlich und droht mit Konsequenzen
Hat die Finanzmarktaufsicht bisher motiviert und gemahnt, kommuniziert sie im August 2022 die geplante harte Gangart:
"Institute, die ihr Gesuch bis jetzt noch nicht bei einer AO eingereicht haben, nehmen das Verpassen der Übergangsfrist selbstverschuldet in Kauf. Als Konsequenz wird für diese Institute eine allfällige Fristerstreckung grundsätzlich nicht in Frage kommen.
Die FINMA verfolgt Verstösse gegen die Finanzmarktgesetze konsequent und wird dies auch bei den Vermögensverwaltern und Trustees tun, welche die Übergangsfrist vom 31. Dezember 2022 verpassen."
Das heisst konkret, wer das offenbar mühsame und zeitraubende Verfahren bisher nicht in Gang gebracht hat, fällt Ende 2022 aus dem Rennen. Kein Pardon für unabhängige Vermögensverwalter, die nach Ablauf der Übergangsfrist ohne laufenden Bewilligungsprozess oder ohne erteilte Lizenz arbeiten.
Wie viele Vermögensverwalter werden nächstes Jahr im Regen stehen?
So genau weiss das im Moment niemand. Je nach Quelle sollen von rund 2'500 unabhängigen Vermögensverwaltern bis zu zwei Drittel im Bewilligungsprozess stehen oder diesen bereits abgeschlossen haben. Minus jene, die aus unterschiedlichen Gründen erklärtermassen kein Gesuch stellen werden, bleiben einige hundert IAMs momentan noch im Spiel, deren Pläne nicht bekannt sind. Einfach weiterzumachen wie bisher, ohne Lizenz, ist keine Option, die FINMA wird ihre Ankündigung wahr machen und durchgreifen.
Gibt's andere Optionen?
Das Beratungsunternehmen PwC hat bei unabhängigen Vermögensverwaltern (IAMs) nachgefragt und in einer aktuellen Studie einige interessante Aspekte beleuchtet. PwC legt bei der quantitativen Einordnung der Branche folgende geschätzten Zahlen zugrunde:
In ihrer Studie stellt PwC vier Optionen für IAMs zur Diskussion:
- FINMA-Lizenz beantragen und weiterhin operieren
- Einer regulierten Plattform beitreten und so gewisse Geschäftstätigkeiten wie Compliance und Risk outsourcen und dann die FINMA-Lizenz beantragen
- Partnerschaft/Fusion mit einem bereits lizenzierten oder anderweitig regulierten IAM eingehen
- Geschäftstätigkeit beenden bzeziehungsweise Unternehmen verkaufen
Die Befragung in den Reihen der unabhängigen Vermögensverwalter (83 befragte Unternehmen) hat ergeben, dass nur gerade 4 Prozent keine Lizenz beantragen wollen. Wenig Begeisterung ist zum Vorschlag zu hören, einer regulierten Plattform beizutreten: für 80 Prozent der befragten IAMs wäre dies eine eher unwahrscheinliche Option.
Im Gegensatz dazu zieht eine klare Mehrheit der befragten IAMs eine Partnerschaft in Betracht, allerdings: für über 82 Prozent steht fest, dass sie ihr Unternehmen nicht verkaufen würden.
«Hier zeigt sich eine Diskrepanz – fast kein IAM will verkaufen, aber zahlreiche IAMs streben nach einer Partnerschaft, Fusion oder Übernahme», erklärt Christian Bataclan, Director Deals Financial Services bei PwC Schweiz. «Das bedeutet, dass ein Käufermarkt mit starkem Wettbewerb und einer Knappheit von potenziellen Zielgesellschaften entstehen wird, was zu hohen Bewertungen führen könnte. Nichtsdestotrotz wurden seit Anfang 2022 acht Transaktionen im IAM-Bereich abgeschlossen. Wir erwarten also langfristig eine Konsolidierung.»
Mit anderen Worten: die Kauf- und Übernahme-Lust ist deutlich grösser als die Verkaufslaune.
Weshalb stehen Übernahmen bei den IAMs im Vordergrund?
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie nannten drei Hauptgründe für Übernahmen: Um ihr AuM (Assets under Management) zu steigern und so attraktiver für Arbeitnehmende zu werden sowie um die Vorteile eines lizenzierten IAMs nutzen zu können und dadurch über Skaleneffekte allgemein effizienter zu werden.
Das ist auch notwendig, denn die meisten IAMs sehen die zunehmenden Kosten im Compliance-Bereich (69 Prozent) und die gestiegenen Reporting-Anforderungen (59 Prozent) als grösste strategische Herausforderung. Beide Aspekte üben grossen Druck auf die Margen aus.
Ob bei Vermögensverwaltern noch eine Welle von Fusionen, Übernahmen und Partnerschaften ins Haus steht, wird sich zeigen. Und auch, ob unentschlossene IAMs nächstes Jahr im Regen stehen oder ob lachende Strategen über neue Konstellationen ihr Geschäft ins Trockene gebracht haben.