Was beim Parkieren schon lange funktioniert – bezahlen ohne Münzeinwurf an der Parksäule mit dem Smartphone – kommt jetzt auch an der Tanksäule. Mit Münzen allein ist ein Tank natürlich nicht vollzukriegen, aber der Umweg über die Kasse fällt weg. Twint ist dabei, das Tankstellen-Netz fit zu machen fürs Mobile Payment direkt an der Tanksäule. Das FinTech kooperiert dazu mit Hectronic, das Unternehmen ist auf digitale Lösungen im Bereich Tankstellen-Management spezialisiert.
Bezahlen direkt an der Zapfsäule
Im Kanton Zürich hat Twint mit Agrola-Tankstellen den Anfang gemacht und bereits 24 Standorte aufgeschaltet. Zum Start funktioniert das Tanken noch über das Scannen eines QR-Codes an der Tanksäule. Nutzerinnen und Nutzer geben in der Twint-App den Maximalbetrag ein, den sie fürs Tanken ausgeben möchten. Nach der Bestätigung der Zahlung übers Smartphone kann der Tankvorgang gestartet werden. Unabhängig vom eingegeben Maximalbetrag für den Tankstopp, sollte der Treibstoffbezug tiefer liegen, wird natürlich nur der effektive Verbrauch belastet.
Was Twint aktuell noch in der Mache hat: der Tankprozess soll bald schon direkt aus der App heraus gestartet werden können, ohne Scan eines QR-Codes. Die gewünschte Tanksäule kann dann auch über die App angesteuert und aktiviert werden.
Die Hürde der Convenience Shops
Wie schnell das Netz der Tankstellen wächst, die Twint-Zahlungen an der Tanksäule akzeptieren, dürfte nicht zuletzt auch mit den Tankstellen-Shops zusammenhängen. Oder mit der Überlegung der Betreiber, was den grösseren Nutzen bringt: neuer Komfort für Kundinnen und Kunden beim Bezahlen direkt an der Tanksäule oder weiterhin kanalisierte Besucher-Frequenz im Shop.
Convenience Shops haben ein Verführungs-Potenzial und provozieren ungeplante Zusatzkäufe. Auch für Kundinnen und Kunden, die eigentlich nur an der Kasse ihren Treibstoffbezug zahlen wollten. Auf dem Weg zur Kasse macht ein gut präsentiertes Sortiment Lust auf dies und das. Fällt dieser Weg zur Kasse bei einem Teil der Kunden weg, wird auch der potenzielle Zusatzumsatz nicht realisiert.
Twint hat inzwischen mehr als vier Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer. Deshalb dürfte diese Überlegung mit eine Rolle spielen und das Tempo beeinflussen, wie schnell oder wie schleppend die Zahl der Tankstellen wächst, die das mobile Bezahlen an der Tanksäule anbieten.
Twint ist mit der Einführung neuer Features und Funktionen aggressiv unterwegs
Vor einem Jahr haben die Verantwortlichen von Twint bei einem Medienfrühstück unter anderem ihre Visionen für die Zukunft präsentiert. Die Zukunft lässt nicht lange auf sich warten, zahlreiche Komfort- und Lifestyle-Funktionen sind bereits online oder stehen kurz davor. Tickets für den öffentlichen Verkehr können über Twint gekauft und bezahlt werden. Die Stichworte Marktplatz, Versicherungen, Kaffee oder Essen bestellen sind in der App bereits sichtbar und im Aufbau.
Parkgebühren können schon länger direkt an der Parkuhr bezahlt werden, Treibstoffbezug nun ebenfalls, die ticketfreie Einfahrt ins Parkhaus dürfte bald folgen. Der Schritt ins Ausland steht vor der Tür, in absehbarer Zeit kann Twint in Deutschland, Österreich und später auch in weiteren Ländern eingesetzt werden, MoneyToday.ch hat berichtet. Mit anderen Worten: die Macherinnen und Macher sind hoch getaktet am Werk.
Twint hat Geschichte geschrieben – und Gegenwind mit Erfolg beantwortet
Mag die Geschichte von Twint auch wechselvoll, kurvenreich und nicht ohne Friktionen und Nebengeräusche verlaufen sein, heute steht die Bezahl-App der Schweizer Banken an einem bemerkenswerten Punkt. Über vier Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer, das heisst mehr als jeder und jede Zweite in der Schweiz nutzt die App. Das laufend erweiterte Angebot kann sich seit längerem schon sehen lassen, bestehende und neue Funktionen stossen auf positive Resonanz.
Twint hat den Durchbruch längst geschafft, allen medialen Unkenrufen in früheren Jahren zum Trotz. Der Schritt ins Ausland dürfte die mobile Bezahllösung auf ein neues Level hieven, das Twint einen weiteren Zustrom an neuen Nutzerinnen und Nutzern bringen könnte.
Mögen die Anlaufschwierigkeiten auch gross und die umwegbedingten Kosten möglicherweise "gigantisch" ausgefallen sein, Twint hat Erfolg und operiert heute aus einer starken Position.
Dazu kommt ein weiterer Punkt: Zahlreiche Länder sind auf einem Flickenteppich von mehr oder weniger brauchbaren mobilen Bezahllösungen unterwegs. Die Schweiz hat mit Twint eine nationale Lösung, die sich durchgesetzt hat und die mit dem Schritt ins Ausland noch wertvoller wird.
Søren Mose dürfte recht bekommen
Der Verwaltungsrats-Präsident von Twint, der Däne Søren Mose, hat vor gut vier Jahren eine Parallele zu MobilePay in Dänemark gezogen. MobilePay ist die App, die praktisch von allen Däninnen und Dänen verwendet wird, die mobil bezahlen wollen:
In vier Jahren wird Twint in der Schweiz so weit verbreitet sein wie MobilePay in Dänemark
Mose war zudem überzeugt davon, dass man Twint in vier Jahren noch vielfältiger nutzen kann als MobilePay. Zum Zeitpunkt seiner optimistischen Prognose hatte Twint 750'000 registrierte User, in Dänemark waren bereits 3.7 Millionen Menschen mit MobilePay unterwegs.
Heute haben MobilePay und Twint beide über 4 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Im Vergleich zur Einwohnerzahl der beiden Länder ist MobilePay in Sachen Marktanteil noch im Vorsprung, hatte jedoch seit der Markteinführung 2013 auch mehr Zeit, zur Lieblings-App der Däninnen und Dänen zu werden.
Twint hat seit dem Start 2017 extrem aufgeholt und legt weiterhin zu – der Erfolg gibt Twint recht und die Prognose von Mose dürfte in ein, zwei, drei Jahren ins Schwarze treffen.