Bundesrat Johann Schneider-Ammann kürzlich im Interview mit Manuel Stagars zur Digitalen Transformation und zur Risikokultur in der Schweiz:
«Das eröffnet Chancen, wesentlich mehr Menschen hier in der Schweiz die Möglichkeit zu geben, etwas probieren zu können. Weil die Chancen mehr werden, wird es auch mehr Pleiten geben. Damit werden sie salonfähiger, und die Kultur korrigiert sich von einer risikoaversen Kultur zu einer risikobereiteren Kultur.»
Starke Worte, denen der Bundesrat ebenso starke Taten folgen lässt.
Gute Voraussetzungen für Startups schaffen
Zu einer risikobereiten Kultur gehören gute Ideen, Startups und vor allem auch Kapital. Gelingt Jungunternehmern die Finanzierung in der ersten Runde noch eher leicht, sind die Voraussetzungen in der Schweiz in der zweiten Finanzierungsrunde nicht unglaublich gut. Dann, wenn es darum geht, eine Idee oder ein Produkt zur Marktreife zu bringen und in den Markt zu stellen.
Das ist die Phase, in der die Schweiz oftmals Startups ans Ausland verliert, welche nach Berlin, London oder ins Silicon Valley auswandern, weil die Schweiz als eher hartes Pflaster gilt für die Beschaffung von Risikokapital. Einmal ausgewandert, kehren weder Ideen noch Startups, weder Know-how noch Arbeitsplätze zurück. Oder die Gründer starten schon gar nicht in der Schweiz, weil sie die Probleme kennen und deshalb ihr Unternehmen von Anfang an dort gründen und domizilieren, wo auch die Investoren sitzen und Risikokapital leichter zu beschaffen ist. Auch in diesem Fall hat die Schweiz das Nachsehen.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann setzt aktuell ein markantes Zeichen und sagt im Interview mit der NZZ am Sonntag:
«Wir wollen Unternehmer züchten»
Damit meint Schneider-Ammann nicht nur gute Voraussetzungen und den fruchtbaren Nährboden für Startups, er spielt damit auch auf die Mentalität und Risikokultur an, die in der Schweiz (noch) deutlich schwächer ausgeprägt ist im Vergleich zu anderen Startup Hubs. Johann Schneider-Ammann zur Frage, ob "in der Schweiz die Furcht vor dem Scheitern zu gross wäre":
«Wenn ich mit den USA vergleiche, auf jeden Fall. Fährt man in Kalifornien mit einem Startup an die Wand, wird einem aufmunternd auf die Schulter geklopft und gesagt, die nächste Chance komme bestimmt. Scheitert bei uns jemand mit einer Geschäftsidee, wird mit dem Finger auf ihn gezeigt. Da wird man zum Versager gestempelt. Das würgt das Unternehmertum ab – und das wollen wir ändern: Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem mehr Junge bereit sind, Risiken einzugehen. Wir wollen Unternehmer züchten.»
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann ist nach der NZZ am Sonntag schon seit Wochen aktiv in diesem Thema engagiert. Und jetzt auch offiziell Schirmherr und "Katalysator" einer Stiftung, welche die Startup-Szene in der Schweiz weiterbringen will.
Swiss Entrepreneurs Foundation
Ein privat finanzierter Fonds soll bis Ende Jahr mit einer halben Milliarde Franken alimentiert sein. Hinter der Swiss Entrepreneurs Foundation stehen Schweizer Unternehmen und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, welche Projekte und Startups in der Schweiz aktiv fördern wollen. Um auch über dringend benötigtes Risikokapital die Voraussetzungen zu schaffen, dass Ideen, Startups und Jobs im Land bleiben und nicht ins Ausland abwandern. Swiss Entrepreneurs Foundation will darüber hinaus eine Plattform für den Austausch zwischen Jungunternehmern, Investoren und Politikern bieten.
Ein gutes Stück Weg zur Zielmarke von 500 Millionen Franken ist bereits geschafft, mit an Bord sind Credit Suisse, Mobiliar und UBS, welche insgesamt 200 bis 300 Millionen Franken in Aussicht gestellt haben. Mit weiteren Unternehmen und Investoren laufen aktuell Gespräche. Die Rolle von Bundesrat Johann Schneider-Ammann nach eigenen Aussagen im NZZaS-Interview: «die Leute an den Tisch bringen, Vertrauen schaffen, den Austausch der Ideen ermöglichen und vermitteln.»
Die Schweiz als attraktiver Standort für Startups
Eine wichtige Initiative für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Damit und auch mit weiteren laufenden Anstrengungen setzt die Schweiz sichtbare Zeichen und macht Defizite im Vergleich mit anderen attraktiven Standorten schrittweise wett.
Zu den weiterhin wichtigen Punkten gehört der vom Zürcher Ständerat Ruedi Noser (FDP) eingebrachte Vorschlag eines Startup-Visums für Firmengründer. Eine Motion, die in der Sommersession 2017 im Ständerat noch keine Chance hatte. Schade deshalb, weil zahlreiche Staaten die Chancen nutzen und viel dafür tun, internationale Tech-Talente ins Land zu holen. Die Schweiz sagt: Nüüt isch. Frankreich sagt: Bienvenue.
Ebenfalls noch auf der Traktandenliste der Räte: der kürzlich vom Nationalrat abgelehnte Vorstoss von Jacqueline Badran (SP), der zum Ziel hatte, die existenzgefährdende steuerliche Benachteiligung von Jungunternehmern aufzuheben.
Beide Ideen tragen als realisierte Massnahmen mit dazu bei, die Position der Schweiz als Standort und Magnet mit Sogwirkung für Startups zu stärken.
NZZ am Sonntag: Johann Schneider-Ammann zur Notwendigkeit, Startups mit Risikokapital zu fördern