Kryptowelt

Bitcoin-Absturz: Das Ende aller Tage oder Crash mit Ansage?

Bitcoin als Münze mit sinkender Kurskurve im Hintergrund

Hohe Volatilität ist man sich bei Bitcoin & Co. gewohnt. Der aktuelle Absturz ist insofern bemerkenswert, als er Regeln folgt und deshalb erklärbar ist.

Anlegerinnen und Anleger, die auf dem letzten Höchst von deutlich über 73'000 US-Dollar in Bitcoin eingestiegen sind, dürften den Rücksetzer auf die gestrige Marke von 56'800 Dollar mit Entsetzen registriert haben.

Langfristig orientierte Investoren bleiben hingegen gelassen. Umso mehr, als die aktuelle Entwicklung vorhersehbar war und deshalb erklärbar ist.

Der Unterschied zwischen Kurs-Kapriolen und Rücksetzer mit Ansage

Einige ihrer Volatilitätsgeheimnisse behalten Bitcoin und Co. gerne und oftmals für sich. Der aktuelle Kurseinbruch gehört jedoch nicht zu diesen Geheimnissen, er folgt Regeln und hat nachvollziehbare Gründe.

Zuerst ein Blick auf die Entwicklung der letzten Monate. Nach den positiven Ereignissen der jüngeren Vergangenheit schien der Bitcoin gerüstet für steigende Kurse in einem Bullenmarkt. Das Halving und die durch das SEC genehmigten Spot-Bitcoin-ETFs haben denn auch kräftig frischen Wind unter die Bitcoin-Flügel geblasen. Der Gesamtmarkt hat mitprofitiert, Bitcoin und zahlreiche Kryptowährungen haben massiv zugelegt.

Der Bitcoin als "Leitwährung" hat im April mit fast 74'000 US-Dollar eine neue Höchstmarke gesetzt, beflügelt von all den guten Nachrichten. Zahlreiche Experten und Maximal-Prognostiker waren dann ebenfalls nicht mehr zu bremsen und prophezeiten dem Bitcoin einen weiter anhaltenden Anstieg in ungeahnte Höhen. 

Eine Gegenbewegung war nun allerdings keine grosse Überraschung, sie war zu erwarten. Nach der ersten Euphorie über die handelbaren Bitcoin-ETFs mit massiven kurstreibenden Zuflüssen, flachte die Nachrage nach Bitcoin-ETFs nach einiger Zeit wieder etwas ab. Für einen weiteren Abwärtsdruck sorgten zudem Abverkäufe und Gewinnmitnahmen.

Zusätzlich zu den "normalen" Volatilitäten haben auch nicht erfüllte Zinssenkungs-Erwartungen den Druck auf Bitcoin & Co. verstärkt, den weiteren Höhenflug gebremst und die Kurse wieder etwas zurückkommen lassen.

Der aktuelle Crash ist ebenfalls erklärbar

Die aktuell heftigen Ausschläge haben verschiedene Ursachen, im Wesentlichen die folgenden:

142'000 Bitcoins von Mt. Gox
Durch die 2014 kollabierte Kryptobörse Mt. Gox haben Nutzerinnen und Nutzer insgesamt 850'000 Bitcoins verloren. Davon konnten 142'000 Bitcoins "gerettet" werden. Der Insolvenzverwalter der Kryptobörse kündigte im Juni 2024 an, dass diese Bitcoins ab Juli an die Geschädigten ausbezahlt werden sollen. 

Die blosse Ankündigung, dass demnächst der Markt mit Bitcoins im Wert von um die 9 Milliarden US-Dollar geflutet werden soll, hat die Kurse ins Rutschen gebracht.

50'000 Bitcoins vom Bundeskriminalamt (BKA)
Das deutsche BKA lässt weitere rund 50'000 Bitcoins in den Markt fliessen. Diese in BKA-Wallets gehaltenen Bitcoins stammen aus beschlagnahmten Beständen illegaler Geschäfte. Mit den in Tranchen verkauften Bitcoin-Beständen bessert das Bundesland Sachsen seinen Haushalt auf. Auch hier drückt die Nachricht von Bitcoins im Wert von um die 3 Milliarden US-Dollar, welche dem Markt zur Verfügung stehen, auf die Kurse.

Miner stossen Bitcoins ab
Seit dem Halving haben sich die Belohnungen und Einkünfte der schürfenden Miner auf die Hälfte reduziert. Dieser normale Halving-Effekt hat einen Teil der Miner in Nöte gebracht, deshalb werden auch von dieser Seite zusammengenommen grosse Bitcoin-Bestände verkauft. 

Die nachvollziehbare Bewegung der Märkte

Die genannten Faktoren setzen Bitcoin und andere Kryptowährungen unter Druck und lassen die Kurse sinken. Das ist nicht beunruhigend, sondern folgt im Kern den ganz normalen Mechanismen von Angebot und Nachfrage. Kommen auf einen Schlag riesige Mengen von Bitcoins auf den Markt, gehen die Kurse vorübergehend in die Knie.

In den vorliegenden Fällen genügte bereits die Ankündigung der laufenden (Miner und BKA) und bevorstehenden (Mt. Gox) Bitcoin-Schwemmen, um die Kurse einbrechen zu lassen. Solange dieses Fluten der Märkte nicht abgeschlossen ist, könnten die Kurse zudem noch weiter sinken. Bis zum Punkt, an dem die Märkte die neue Verfügbarkeit von Bitcoins verdaut haben.

Mit zu den normalen Marktmechanismen gehört, dass bestehende und neue Investoren die sinkenden Kurse nutzen werden, um Bitcoins nachzukaufen. Je nach Stärke dieser Bewegung kann das Pendel früher oder später wieder in die andere Richtung ausschlagen und Bitcoins zum knappen Gut werden lassen. Erst dann werden die Maximal-Prognostiker Recht bekommen – allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung, welche die Glaskugel-Prognosen an Glanz verlieren lässt.

Was sonst noch eine Rolle spielt

Bezieht man jetzt noch die "normalen" Volatilitäten mit ein, addiert das Moment der weiterhin hohen Zinsen sowie die aktuell erhöhten Verkäufe von Bitcoin-Futures und wirft einen Blick auf geopolitische Unsicherheiten, ist die Entwicklung klar und nachvollziehbar. Der aktuelle heftige Einbruch genauso wie der kontinuierliche Rücksetzer der letzten Wochen.

Deshalb, wir erleben keine ultimative Schubumkehr. Ebenso wenig ist das Ende aller Bitcoin-Tage gekommen. Vielmehr sehen wir einen Crash auf Raten, allerdings mit Ansage. Und deshalb nicht überraschend.

Für einmal sitzen nicht im klassischen Sinne Bären oder Bullen am Ruder. Der Bitcoin und der Gesamtmarkt folgen im Moment schlicht und einfach nachvollziehbaren Marktereignissen und ihren vorhersehbaren Marktgesetzmässigkeiten.