Interview: Marc Landis | Redaktion: Colin Wallace
Sygnum ist die erste Digital-Assets-Bank der Welt sowie der einzige Digital-Assets-Spezialist mit Lizenzen in der Schweiz als auch in Singapur. Im Interview erklären Manuel Krieger und Mathias Imbach, die Co-CEOs von Sygnum, was ihr Angebot von Krypto-Handelsplattformen unterscheidet und wie sie den Finanzplatz Schweiz verändern wollen.
Welche Bedeutung haben Blockchain und Kryptowährungen für den Finanzplatz Schweiz?
Manuel Krieger: Blockchain ist eine sehr disruptive Technologie und hat das Potenzial, viele Effizienzsteigerungen mit sich zu bringen. Und dies branchenunabhängig. Denn die Eigenschaften der Blockchain, oder der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), eignet sich ideal dazu, Werte digital zu speichern und zu übertragen. Blockchain steht in gewisser Weise im Gegensatz zum Internet, wo alles beliebig oft und kostenlos vervielfältigt werden kann. Die Blockchain-Technologie ermöglicht es, Originale, nicht Kopien, rechtssicher aufzubewahren und, falls gewünscht, auch ohne Intermediäre zu übertragen. Deswegen ist die Technologie für Finanztransaktionen so interessant, da die Informationen nicht vervielfältigt werden können.
Mathias Imbach: Wenn eine Transaktion erst einmal erfasst wurde, lässt sie sich nicht mehr rückgängig machen. Spezifisch für die Finanzindustrie ist die Blockchain-Technologie aus zwei Gründen interessant. Erstens hilft sie, operative Prozesse im Settlement-Bereich effizienter zu machen. Zudem eröffnet sie der Industrie aber auch eine ganz neue Asset-Klasse. Und dies bedeutet neue Wachstumschancen mit neuen Produkten für den Banking-Sektor.
Wie muss man das verstehen?
Krieger: Digitale Assets kommen in zwei Formen daher. Einerseits gibt es die Kryptowährungen, die unter anderem durch Mining, d.h. das Lösen von kryptografischen Problemstellungen mittels Rechenleistung von Computern, erzeugt werden. Andererseits ermöglicht es die Blockchain-Technologie, bestehende Assets zu tokenisieren und «intelligent» und einfacher transferierbar zu machen. So können bislang nicht handelbare Assets wie etwa KMU-Aktien in Form von Tokens gehandelt werden. Zudem kann das Settlement-Risiko komplett eliminiert werden, was bislang nicht möglich war. Beide Anwendungen der Blockchain haben das Potenzial, Intermediäre weniger einflussreich zu machen, denn Kryptowährungen und andere Tokens können theoretisch auch ohne zwischengelagerten Intermediär von Verkäufer zu Käufer übertragen werden.
Wenn es keine Intermediäre wie Banken mehr braucht, weshalb gründen Sie denn eine Bank, die ja per se ein Intermediär ist?
Krieger: Wir positionieren uns als Brückenbauer zwischen der traditionellen, stark regulierten Finanzwelt und den Möglichkeiten, welche DLT mit sich bringt.
Imbach: Die Verwahrung von Geld, und in der Zukunft «anything of value», ist ein hoch emotionales Thema und eine wichtige Basis jeder Volkswirtschaft. Banking basiert auf Vertrauen. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Wert auch in der Digital Assets Economy eine wichtige Rolle spielen wird, und dass Banken – in etwas anderer Form als heute – weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden.
Spekulieren Sie mit der Sygnum Bank auf die positive Entwicklung des Bitcoinpreises?
Imbach: Bitcoin ist, losgelöst von der Preisentwicklung, eine Sicherheits- und Vertrauensmaschine, die bereits seit zehn Jahren einwandfrei funktioniert. Übertragungen von Assets, ohne Intermediäre, funktionieren mit einer sehr kurzen Settlement-Zeit. Bitcoin wurde noch nie gehackt – Private Keys wurden jedoch schon gestohlen oder verloren. In dieser Hinsicht macht es Sinn, Kryptogeschäfte über Banken abzuwickeln: Verliert man seinen Key, verliert man seine Assets. Banken können wie schon heute die sichere Verwahrung und Verwaltung für ihre Kunden übernehmen.
Und das hat Sie bewogen, Sygnum zu gründen?
Imbach: Wir haben 2017 alle den Hype um die Blockchain-Technologie miterlebt. Das Potenzial, Originale von A nach B zu transferieren, ohne Intermediäre, mit einem Settlement von null, ohne Gegenparteirisiko – das war eine faszinierende und disruptive Vorstellung. Aber wie immer in Zeiten des Hypes gibt es viel Euphorie und wenig konkrete Use Cases. Und die etablierten Player im Finanzsystem waren zu Beginn mehr als skeptisch in Bezug auf Kryptowährungen und ICOs. So bekamen etwa Firmen, die hinter ICOs steckten, keine Bankkonten und hatten oft auch wenig Know-how rund um regulatorische Rahmenbedingungen. Das wollten wir ändern und mit Sygnum die Schnittstelle zwischen der neuen Krypto- sowie Asset-Tokenwelt und dem regulierten Finanzsystem schaffen.
Was genau bietet Sygnum an?
Krieger: Als weltweit erste voll regulierte Digital-Asset-Bank bieten wir ein Portfolio traditioneller Bankenservices für digitale Assets. Dazu gehören die sichere Herausgabe, Verwahrung, Asset Management, Credit & Lending und das Enabling anderer Banken durch unsere White-Label-Lösungen. Wir bieten damit Banken und anderen regulierten Finanzinstituten die Möglichkeit, dass sie ihren Kunden unsere Infrastruktur zur Verfügung stellen, um ihnen so den Zugang zu Digital Assets zu ermöglichen. Wir bedienen selbst auch qualifizierte Privatkunden, fokussieren uns aber vor allem auf institutionelle Kunden, etwa Family Offices oder Asset Managers. Durch unsere Erfahrung mit diesen Kunden können wir anderen Banken beim Einstieg ins Digital Asset Banking helfen.
Sie haben es angesprochen: Sygnum hat im August die Banklizenz erhalten. Was bedeutet das für Sie?
Imbach: Die Banklizenz in der Schweiz, aber auch unsere Capital-Markets-Services-Lizenz (CMS) in Singapur ist ein Signal an alle potenziellen Kunden und an den Markt, dass wir institutionellen Kunden sicheren Zugang zu Digital Assets ermöglichen. Die Anforderungen hinsichtlich Risikomanagement, Einhaltung aller Geldwäschereigesetze sowie Cyber-Security entsprechen denen traditioneller Banken. Da wir der einzige Digital-Assets-Spezialist sind, der sowohl in der Schweiz wie auch Singapur reguliert ist, bieten wir von Anfang an Zugang zum globalen Markt. Als Bank können wir Kreditgeschäfte abwickeln – wir akzeptieren u.a. Digital Assets als Sicherheit – und für jeden von uns herausgegebenen digitalen CHF Token blockieren wir einen CHF auf unserem Konto bei der Schweizerischen Nationalbank. Dies wäre als unreguliertes FinTech nicht möglich.
Wir bieten Zugang zu ausgewählten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum, wobei Kunden nicht nur via Fiat-Geld investieren können, sondern existierende Digital Assets bei der Bank auch eingeliefert werden können. Mittels des erwähnten, selbst entwickelten digital CHF Tokens können wir das Settlement für neu herausgegebene Asset Tokens effizient abwickeln. Zudem bieten wir Lösungen wie etwa Digital Asset Funds an. All diese Services sind in einem Konto via E-Banking zugänglich, inklusive der für institutionelle Anleger relevanten Reportings.
Krieger: Für institutionelle Anleger müssen wir nachweisen können, ob ein Asset tatsächlich existiert. Bislang war es sehr schwierig, diesen Nachweis zu erbringen. Bei uns sind diese Prozesse end-to-end reguliert und geprüft.
Was unterscheidet das Angebot von Sygnum von den existierenden Kryptobörsen und Kryptowallets?
Krieger: Unsere Kundengruppe ist eine ganz andere. Wir sind keine Retail-Bank. Im Gegensatz zu einem Wallet etwa bei Coinbase ist unser Angebot auch nicht darauf optimiert, mehrmals täglich zu traden. Zurzeit haben wir vor allem grössere Kunden, die Buy-and-Hold-Investments betreiben, oder durch unsere Asset-Management-Produkte einen diversifizierten Zugang zur neuen Asset-Klasse Digital Assets erhalten. Zudem sind wir eine Bank, die nach Schweizer Recht reguliert ist. Bei einem Anbieter irgendwo im Ausland können die Risiken, betrogen zu werden, erheblich sein.
Imbach: Eine Kryptobörse wie Coinbase ist auch nicht dasselbe wie eine Bank. Als Schweizer Bank hat man regulatorisches Kapital, das man für die Assets hinterlegt. Unsere technische Lösung inklusive Wallet ist komplett von der Bank abgetrennt, die Wallets unserer Kunden sind diesen auch eindeutig zugeordnet. So können wir die Assets off-balance-sheet halten und wir benötigen kein zusätzliches regulatorisches Kapital, um Kryptowährungen wie Bitcoin onzuboarden. Das macht unser Business Model skalierbar und schützt die Assets der Kunden.
Krieger: Weiter leistet Sygnum wichtige Grundlagenarbeit im DLT-Bereich und wurde beispielweise erst kürzlich als Partner beim renommierten Project Ubin, lanciert durch die Zentralbank in Singapur, willkommen geheissen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes?
Krieger: Die Schweiz ist im Aufbau sehr föderalistisch, das passt sehr gut zur Blockchain-Technologie. Deshalb ist es auch nicht überraschend, dass die Schweiz in diesem Bereich an vorderster Front mitspielt. Doch um das weiterhin tun zu können, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen. Der Technologiefortschritt verläuft exponentiell. Als Land ist es nötig, die regulatorischen Weichen so zu stellen, dass man für diesen Fortschritt gewappnet ist. In diesem Punkt ist die FINMA gefordert.
Imbach: Als Schweizer, der viel Zeit im Silicon Valley und Asien verbracht hat, appelliere ich an die Schweizer Finanzwelt sowie generell unsere Gesellschaft: Wir müssen hungrig bleiben, etwas wagen, Scheitern nicht verurteilen und akzeptieren, dass Fortschritt nur durch harte Arbeit möglich ist !
Als Land ist es nötig, die regulatorischen Weichen so zu stellen, dass man für diesen Fortschritt gewappnet ist
Manuel Krieger, Co-CEO, Sygnum