Gedanken zu Libra, Instant Payments, Open Banking und zur Finanzwelt, die sich sehr schnell verändert

Männer im Anzug rennen über Hindernisse
Bild: 35007 | Getty Images

Etienne Goosse, der Generaldirektor des European Payments Council (EPC), macht sich Sorgen und teilt seine Gedanken mit den Banken.

Die Diskussion um Open Banking, Open Finance, PSD2 und auch Instant Payments hat an Dynamik zugelegt. Einerseits deshalb, weil EU-Banken am 14. September 2019 mit APIs und der Umsetzung der Richtlinie PSD2 für den Markt bereit sein müssen. Vor allem jedoch aus zwei weiteren Gründen.

Zum einen werden Open Banking und Instant Payments zunehmend nicht mehr isoliert betrachtet, vielmehr als leistungsstarke Kombination gesehen. Befeuert wird die Diskussion durch bestehende Beispiele (Grossbritannien) und auch durch die Vermutung, dass die heutige Freiwilligkeit von Echtzeitzahlungen bald schon durch klar regulierte Instant Payments ersetzt werden könnte, welche für Banken bindend sein werden.

Zum anderen hat das angekündigte Libra-Projekt dazu geführt, dass Regulatoren, Verbände und Banken vermehrt laut darüber nachdenken, mit welchen Leistungen, Paketen und Innovationen in Zukunft Banken ihre Rolle im Wettbewerb behaupten oder sogar stärken können.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Libra-Initiative nur gerade ein erster sichtbarer Teil einer grösseren Welle ist, die von Seiten Big Techs und FinTechs losgetreten worden ist. Der Druck durch weitere Konkurrenten und Projekte, welche ein grosses Stück vom Kuchen haben wollen, wird eher stark zunehmen.

Gewinner und Verlierer

Die Hauptgewinner dieser Entwicklung stehen schon länger fest: Kunden, Konsumenten, Corporates. Kundengruppen, welche im besten Fall bestehende und neue Services nutzen und kombinieren. Oder, im schlechteren Fall, sich durch ganz neue Angebote überzeugen lassen, ihre Gewohnheiten ändern und mittelfristig nur noch auf neue Komfortlösungen setzen.

Ansonsten bleibt im Moment noch alles offen und kann im Kern sehr einfach umschrieben werden: Zu den Gewinnern werden jene Anbieter aus allen Lagern gehören, die mit Komfort, starken Services, Innovationen, smarten Leistungspaketen und nachvollziehbaren Gebühren überzeugen. Zu den Verlierern werden jene zählen, die sich nicht bewegen und der neuen Konkurrenz nur gerade das entgegensetzen, womit sie in der Vergangenheit erfolgreich unterwegs waren.

Mit Instant Payments Vorteile ausspielen

Seit November 2017 sind Echtzeit-Zahlungen für angeschlossene Banken möglich, bisher hat sich jedoch nur gut die Hälfte der Banken im EU-Raum dem System angeschlossen. Eine schlechte Idee, angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch Big Techs, bestehende Vorteile nicht auszuspielen, meint Etienne Goosse, Generaldirektor des European Payments Council (EPC). 

Angesprochen auf die Auswirkungen des Libra-Projekts mit einer globalen Kryptowährung, vertritt Goosse nach einem Bericht von Reuters die Ansicht, dass Banken jetzt handeln müssen – und das sehr schnell:

Die Uhr tickt, die grossen Technologie-Unternehmen kommen mit einer globalen Lösung unter einer globalen Marke, welche viele Dinge bietet, welche die Verbraucher wunderbar zu finden scheinen – wir haben also keine Zeit zu verlieren

Mit seinem Appell spielt Goosse auch auf die Hürden verschiedener Standards an (EPC-Standard von EBA Clearing und TIPS von der Europäischen Zentralbank), welche einer schnellen und vor allem auch flächendeckenden Durchsetzung von Instant Payments innerhalb der EU nicht förderlich sind.

Goosse sieht denn auch einen der entscheidenden Vorteile der Big Techs darin, dass sie global operieren, im Gegensatz zur fragmentierten europäischen Bankenbranche.

Fazit

Ob der Donnerhall von Libra und anderen Initiativen, die sich bereits abzeichnen, tatsächlich neue Bewegung, Innovationsfreude und Beschleunigung in die Branche der etablierten Finanzinstitute bringt, bleibt abzuwarten. Im Kern ist sehr vieles vorhanden, das richtig zusammengefügt, koordiniert und gemeinsam angewendet, kraftvoll wirken könnte.

Sollte den EU-Banken mit Instant Payments ein gemeinsamer erster Sprung gelingen, stellt sich die Frage, wie Schweizer Banken mit Open Banking, Open Finance und Instant Payments umgehen werden. Da der Druck von innen (noch) fehlt – kann der Druck von aussen, der nun vor der Haustüre steht, Banken im Verbund dazu bringen, die Komfortzone zu verlassen?

Der European Payments Council (EPC) hat in genau dieser Hoffnung ein neues Video mit Use Cases ins Netz gestellt, das Banken hüben und drüben auf gute Ideen bringen soll. Ein Blick kann ja nicht schaden.