Challenger-Bank

FinTech Qonto und die Krux mit der französischen IBAN

Wehende Flaggen von EU, Frankreich und Deutschland
Bild: Martin Wahlborg | Getty Images

Wer denkt, die IBAN überwindet jede Hürde im europäischen Zahlungsraum, liegt falsch. Das Länderkürzel in der IBAN schafft offenbar grössere Unterschiede als gedacht.

Das französische FinTech Qonto ist die Neo-Bank, die im Januar 2020 in Deutschland gestartet ist, um Deutschland und den Rest von Europa zu erobern.

Nach Aussagen von Philipp A. Pohlmann, Country Manager Deutschland, will Qonto das N26 für Firmenkunden werden. Bereits erfolgreich in Frankreich, Italien und Spanien, operiert das hervorragend finanzierte FinTech mit seinem Angebot seit einigen Monaten auch von Berlin aus.

Die Krux mit der französischen IBAN

Bekanntlich läuft im Zahlungsverkehr ohne die IBAN gar nichts. Die International Bank Account Number ist der Schlüssel, welcher Zahlungen den Weg auf das richtige Konto weist. Ein Standard im EU- und SEPA-Raum, um die kontoführende Bank und den Zahlungsempfänger problemlos identifizieren zu können.

Zum Start hat Qonto seinen Kunden in Deutschland eine französische IBAN zugewiesen, also eine mit dem Länderkürzel FR und 27 Zeichen lang. Das hängt damit zusammen, dass europäische Zahlungs- oder Kreditinstitute Zahlungsdienstleistungen im SEPA-Raum grundsätzlich immer nur mit dem eigenen Länderkürzel anbieten dürfen. Qonto hat seine Niederlassung in Paris und wird somit von der französischen Finanzaufsicht ACPR beaufsichtigt, deshalb die IBAN mit FR.

Für deutsche Kunden zumindest technisch kein Problem, eine französische IBAN funktioniert im gesamten SEPA-Raum genau wie jede andere IBAN aus einem beliebigen SEPA-Mitgliedsland – ob für Überweisungen, Lastschriften oder andere Zahlungen. Sollte man denken. Falsch gedacht. Aus zwei Gründen:

Zum einen und überraschend
In der Praxis machen offenbar viele deutsche Qonto-Kunden gegenteilige Erfahrungen: Online-Zahlungen werden abgelehnt oder Lastschriften können nicht eingerichtet werden, weil ihre IBAN nicht mit dem Kürzel DE beginnt. Nach Aussagen von Qonto handelt sich es sich dabei de facto um IBAN-Diskriminierung.

Zum anderen und nicht überraschend
Zahlreiche Nutzer möchten lieber eine deutsche IBAN auf ihre Rechnungen oder Angebote setzen, um das Vertrauen von Kunden und Partnern zu gewinnen. 

Der nachgelieferte Segen mit der deutschen IBAN

Das FinTech hat auf das eine wie das andere reagiert und stellt seinen deutschen Kunden ab sofort eine deutsche IBAN zur Verfügung. Die beginnt mit dem gewohnten Länderkürzel DE, ist 22 Zeichen lang, kann grundsätzlich dasselbe wie ihre französische Schwester, funktioniert aber besser, weil sie in Deutschland keinerlei IBAN-Diskriminierung ausgesetzt ist.

Der Prozess für dieses IBAN-Heimspiel war für Qonto mit einer Reihe von Klimmzügen auf die Schnelle verbunden. Um eine lokale IBAN in Deutschland ausgeben zu dürfen, muss eine Beaufsichtigung der lokalen Zweigniederlassung (musste bei Qonto erst gegründet werden) über die BaFin und die Deutsche Bundesbank erfolgen. Danach eine deutsche Bankleitzahl beantragen, diese in die Bankleitzahlendatei der deutschen Bundesbank hieven lassen, danach Akzeptanztests, bevor die neue IBAN in Deutschland ausgegeben werden darf. Jetzt darf sie, seit März 2020 wird Qontos deutsche Zweitniederlassung von der Finanzaufsichtsbehörde BaFin reguliert.

Qonto stattet ab sofort alle neuen Qonto Geschäftskonten in Deutschland mit einer IBAN mit dem Länderkürzel DE aus. Bestehende Kunden können ihre FR-IBAN gegen eine DE-IBAN "umtauschen". Ein Besuch in der Werkstatt ist dazu nicht erforderlich, der Prozess läuft online und das Support-Team von Qonto ist dabei behilflich.

Philipp A. Pohlmann über die in kurzer Zeit durchgeboxte deutsche IBAN und über die Nach- und Umrüst-Aktion:

«Die Einführung der deutschen IBAN stellt sozusagen die Geburt von Qonto Deutschland dar. Der Stellenwert der deutschen IBAN für hiesige Kunden ist und war uns bekannt. Deshalb haben wir uns trotz der widrigen Umstände mit grossem Engagement dafür eingesetzt, unseren Kunden in einem so engen Zeitrahmen die lokale IBAN präsentieren zu können.»

Was man daraus lernen kann

Dass Kunden in Deutschland eine lokale DE-IBAN bevorzugen, überrascht nicht, das wird auch von Neo-Banken erwartet. Als EU-Bürger mit Firmensitz in Deutschland fühlt sich das eigene Konto mit französischer IBAN möglicherweise etwas zu international an.

Dass jedoch eine FR-IBAN innerhalb des europäischen Zahlungsraums Hürden aufstellt und Schwierigkeiten bereitet, bleibt überraschend. Immerhin sind der SEPA-Zahlungsraum und auch die standardisierte IBAN genau deshalb erfunden worden, damit Zahlungen innerhalb von Europa national und international reibungslos über die Bühne gehen. Unabhängig von FR, DE, CH, AT oder jedem anderen Länderkürzel, das der IBAN vorangestellt wird. 

Für Neo-Banken und andere Finanzdienstleister heisst das: International denken, aber national agieren. Zumindest, wenn's um die IBAN geht.