Überraschend ist das Ergebnis der "Vertrauensfrage" innerhalb der repräsentativen Studie nicht, es bestätigt jedoch das, was für Schweizer Banken von zentraler Bedeutung ist. Überraschungen gibt's in der Studie der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) dennoch.
Wie Schweizer über ihre Hausbank denken
85 Prozent haben grundsätzliche eine "positive" oder sogar "sehr positive" Einstellung zu ihrer Hausbank
Interessant bei der Befragung pro Bank: Als "sehr positiv" werden die Erfahrungen mit Raiffeisenbanken (43 Prozent) und Regionalbanken (53 Prozent) bewertet. Andere Finanzinstitute liegen da tiefer: Kantonalbanken (29 Prozent), PostFinance ( 25 Prozent) und Grossbanken (21 Prozent). Offensichtlich mag man die Kleinen lieber als die Grossen.
70 Prozent bezeichnen ihre Hausbank ohne Einschränkungen als solide und zuverlässig.
67 Prozent attestieren ihrer Bank ebenso uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit.
Diese Werte sind in den letzten drei Jahren kontinuierlich angestiegen.
Nachholbedarf bei Innovationen und Dynamik
Die Stichworte "innovativ und dynamisch" fallen dann spontan nur noch 36 Prozent der Befragten ein, wenn sie an ihre Hausbank denken. Möglicherweise sind das jedoch Qualitäten, die (bisher) von der Hausbank auch nicht erwartet worden sind. Falls doch, liegen hier Potenziale in Angeboten und Kommunikation, die genutzt werden können.
Kritische Haltung zu den Schweizer Banken generell
Interessanter Unterschied bei der Haltung zur eigenen Hausbank und zu "den" Schweizer Banken als Branche. Bei der Einstellung zur gesamten Bankenszene tun sich eklatante Unterschiede auf. Auf die Frage "Wie würden Sie Ihre Einstellung zu den Schweizer Banken ganz allgemein bezeichnen?" geben Frau und Herr Schweizer zu Protokoll:
- Sehr positiv: 5 Prozent (Hausbank: 31 Prozent)
- Positiv: 44 Prozent (Hausbank: 54 Prozent)
- Weder noch: 29 Prozent (Hausbank: 13 Prozent)
- Negativ: 19 Prozent (2 Prozent)
- Sehr negativ: 2 Prozent (Hausbank: 0 Prozent)
- Weiss nicht: 1 Prozent (Hausbank: 0 Prozent)
Dass es Gründe gibt, bei einer Hausbank zu sein und zu bleiben, ist klar – und offensichtlich macht die eigene Hausbank in der Betrachtung ihrer Kunden auch einen guten Job. Das wird honoriert. Dennoch bleiben die grossen Unterschiede bei der Haltung zur Hausbank und zu "den" Schweizer Banken überraschend.
Woran liegt's?
Es gibt ja nicht die Guten und die Bösen, zumal bei der Frage nach der Hausbank jede(r) auf eine jeweils andere Bank aus der gesamten Bankenszene fokussiert. Liegt bei der Gesamtbetrachtung der Schweizer Banken über die Hälfte der Befragten bei der Bewertung zwischen "Weder noch" und "Weiss nicht", ist das etwas wenig Balsam für das Image des Bankenplatzes Schweiz. Hier würde es sich lohnen, in nächsten Befragungen etwas tiefer zu gehen und Details dazu abzufragen, wo die Gründe für die insgesamt sehr kritische Haltung liegen.
Und noch etwas Irritation obendrauf
Die Irritation kann durch einen weiteren empfundenen Widerspruch noch etwas gesteigert werden. So finden 73 Prozent (vollständig oder vorwiegend) der Befragten, dass der Schweizer Finanzplatz auf internationaler Ebene einen guten und professionellen Ruf geniessen würde. Das ist gut.
Dennoch sind nur 40 Prozent (vollständig oder vorwiegend) der Meinung, dass die Banken dem Ruf der Schweiz im Ausland nicht schaden würden. Das heisst auf der anderen Seite: Weit über die Hälfte der Befragten vertritt eine gegenteilige Meinung. Das ist gar nicht gut.
Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?
Was heisst das jetzt genau? Haben wir international einen guten Ruf und sind gerade dabei, diesen zu demontieren? Oder schaden wir unserem Ruf und keiner merkt's? Oder wird hier zwischen der Schweiz als Finanzplatz und der Schweiz als Land eine scharfe Trennlinie gezogen? Falls ja, geht das überhaupt? Auch hier wäre es interessant, in der Befragung etwas tiefer zu gehen und Gründe für die Haltung abzufragen.
Die Schweiz im internationalen Wettbewerb
Ebenfalls ein bemerkenswertes Resultat der Studie:
Zur Frage der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur Konkurrenz in Grossbritannien, Singapur, Luxemburg oder den USA sind 51 Prozent der Befragten der Meinung, dass die die Schweizer Banken und der Schweizer Finanzplatz wettbewerbsfähiger wäre. Nur 17 Prozent sehen hier in den nächsten fünf Jahren noch weiteres Potenzial, 53 Prozent vermuten Gleichstand und 23 Prozent befürchten, dass die Schweiz Punkte abgeben wird.
Interessante Detailresultate
Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat zum ersten Mal in der Erhebung ein FinTech-Modul integriert und neu verschiedene Aspekte zur Digitalisierung mit abgefragt. Einige Resultate aus dieser Abteilung:
65 Prozent der Befragen sind der Meinung: Schweizer Banken gehören zu den Gewinnern der Digitalisierung.
Dieser hohe Wert darf etwas relativiert werden, weil "Digitalisierung" in der Frage nicht näher definiert wird und viele der Befragten in Details und Auswirkungen etwas jeweils anderes darunter verstehen dürften. Mit eine Rolle spielt, dass 76 Prozent der Befragten kein bis mittelmässiges Interesse an Wirtschaftsfragen und 68 Prozent kein bis mittelmässiges Interesse an politischen Fragen haben. Beide Punkte und die Tiefe des Informationsstandes dürften jedoch die Definition des Begriffes und die Beurteilung der Konsequenzen mit beeinflussen.
Sicherheit und Schutz der Daten
71 Prozent der Befragten befürchten, dass in der Finanz- und Bankenwelt der Schutz der persönlichen Daten tendenziell eher geschwächt wird.
87 Prozent sprechen sich für das Bankkundengeheimnis aus und dafür, dass finanzielle Daten von Bankkunden gegenüber Dritten geschützt werden.
45 Prozent glauben, dass ihr Geld auf der Bank durch die Digitalisierung weniger sicher sein wird.
Förderung Startups und Banken in 20 Jahren
Nur gerade 17 Prozent sind vollständig oder vorwiegend der Meinung, dass Banken genügend junge, innovative Unternehmen finanzieren. 83 Prozent Andersdenkende heften den Schweizer Banken hier eine wenig schmeichelhafte Etikette ans Revers, wenn's um die Förderung von Innovationen und Startups geht.
49 Prozent sind der Ansicht, dass es in 20 Jahren die Banken immer noch geben wird, allerdings in sehr veränderter Form. Hier wäre interessant zu wissen, wie sich die Befragten die Veränderungen vorstellen. Gut möglich, dass bei tieferer Befragung weniger Meinungen als vielmehr neue oder nicht erfüllte Wünsche genannt werden. Und mit letzteren könnte die Branche arbeiten.
Meinungen und Haltungen
Was für alle Resultate gilt: In der aktuellen Studie werden nicht Fakten abgefragt, sondern Haltung und Meinung, was im Resultat zu einem Spiegel der Stimmung führt. So ist der Bericht auch zu sehen: ein Stimmungsbericht zum Finanzplatz Schweiz und zu den Schweizer Banken. Deshalb bleiben sämtliche Resultate, gute und schlechte, in Zukunft auch beeinflussbar. Durch neu geschaffene Tatsachen und Realitäten. Oder auch durch Information und Kommunikation, wenn bereits geschaffene Tatsachen von der Bevölkerung zu wenig oder gar nicht wahrgenommen werden.
Der Bericht zum Runterladen
Die Studie der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) geht sehr viel weiter und zahlreichen zusätzlichen Themen auf den Grund. Zum Beispiel beleuchtet sie den Beitrag von Banken an der Gesamtwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen. Oder die Rolle von Schweizer Banken im Vergleich zu internationalen Finanzplätzen. Und auch die Wettbewerbsfähigkeit der Banken, ihre Rolle im Kampf gegen die Geldwäscherei und mehr.
Die Auswertung zum Fragenkatalog ist umfangreich angelegt und Resultate werden jeweils in ausführlichen Kapiteln interpretiert. Diese Interpretationen sind auch deshalb interessant, weil Gesamtresultate teilweise auf einzelne Gruppen gefiltert werden (politische Haltung, Bildungsstand, Einkommensverhältnisse), was differenzierte Betrachtungen möglich macht. Ein Blick in den Bericht lohnt sich. Die Studie ist im Auftrag der SBVg durch M.I.S. Trend im Januar 2017 durchgeführt worden. Der ausführliche Bericht kann kostenlos hier runtergeladen werden:
Aktuelle Bankenfragen 2017: Meinungen und Einstellungen der Schweizer Bürgerinnen und Bürger
Stichworte zum Thema im Lexikon: SBVg | FinTech | Digitale Transformation