Nicht so Swissquote, die als Pionierin des Online-Bankings ihren Kunden bereits seit Juli 2017 anbietet, mit Kryptowährungen zu handeln. Nun schafft Swissquote auch für Geschäftskunden die Möglichkeit, professionell in den Kryptohandel einzusteigen. Chris Thomas, Head of Digital Assets bei Swissquote, entwickelt dafür die Produkte.
Autor: Colin Wallace | Redaktion: Marc Landis
Swissquote ist eine Pionierin im Schweizer Bankwesen. Schon vor 19 Jahren erhielt das Unternehmen die Banklizenz als erste reine Onlinebank mit eigener Tradingplattform in der Schweiz. Das Onlinebanking war damals ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung der Finanzindustrie. Heutzutage ist Onlinebanking der Standard, um Bank- und Börsengeschäfte abzuwickeln. Seither hat sich in der Branche viel getan und auch die Finanzkrise von 2007/2008 zwang die Banken zur Innovation.
Ein wichtiges Ereignis, das sich im Nachhinein als Paukenschlag erweisen sollte, war im Jahr 2009 die Erschaffung der ersten Kryptowährung Bitcoin durch die Person oder Personen hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Damals war der Bitcoin noch nahezu wertlos und die Technologie stiess auf wenig Interesse. Dies änderte sich 2014, als der Bitcoin-Kurs erstmals kurzzeitig die 1000-US-Dollar-Marke knackte. Allerdings flachte der Kurs auch schnell wieder ab. Erst 2017 erreichte die Kryptowährung wieder diesen Wert, und erreichte Ende 2017 ihren bisherigen Höchstwert von 20 000 US-Dollar. Ende April 2020 stand der Wert für einen Bitcoin bei rund 7500 Dollar bei einer Marktkapitalisierung von rund 131 Milliarden US-Dollar. Doch der Bitcoin ist längst nicht mehr die einzige Kryptowährung am Markt – mittlerweile gibt es deren Tausende.
2019 vergab die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA erste Banklizenzen an reine Kryptobanken. Viel früher aber hatte die seit 2001 FINMA-regulierte Onlinebank Swissquote den Wert der Technologie erkannt, und bietet seit Juli 2017 den Handel mit Kryptowährungen für Privatkunden an; anfangs nur mit Bitcoin, doch bald integrierte Swissquote auch weitere Coins. Aktuell stehen zwölf Kryptowährungen zur Verfügung, die wahlweise mit Euro oder US-Dollar gekauft werden können:
Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Ripple, Bitcoin Cash, Chainlink, Ethereum Classic, EOS, Stellar, Tezos, Augur und 0x. Im Vergleich zur Fülle an Currency Tokens, die zurzeit auf dem Markt sind, ist diese Auswahl an Kryptowährungen überschaubar. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Bank auf liquide Coins konzentriert. Liquidität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Markt mit ausreichend Käufern und Verkäufern ausgestattet ist; in einem liquiden Markt gibt es also genügend Angebot und genügend Nachfrage.
Kryptofonds etwa sind noch relativ jung und können kaum etablierte Prozesse vorweisen – deshalb arbeiten wir mit solchen nicht oder noch nicht zusammen
Chris Thomas, Head of Digital Assets, Swissquote
B2B-Markt im Fokus
Bisher lag der Fokus von Swissquote beim Handel mit Krypto-Währungen auf dem B2C-Markt. Und so handeln derzeit vor allem Privatkunden mit Bitcoin und Co. Nun möchte die Bank den B2B-Markt erschliessen. Dafür holte Swissquote Chris Thomas an Bord. Als Head of Digital Assets entwickelt er neue Produkte und baut die Position von Swissquote im Krypto-Ökosystem aus. Im Speziellen ist es seine Aufgabe, das Digital Asset Business voranzutreiben und die B2B-Plattform von Swissquote auszubauen.
Tempo ist entscheidend
Mit der Öffnung zum B2B-Markt will das Unternehmen neue Zielgruppen erschliessen und sein Krypto-Know-how innerhalb der regulierten Swissquote-Bank in der Breite zugänglich machen. Zur angepeilten Zielgruppe gehören kleinere Banken und Privatbanken, Vermögensverwalter, Hedgefonds, Family Offices, aber auch Hochfrequenzhändler. Insbesondere für Letztere zählt jede Millisekunde; sie sind auf schnelle Prozesse angewiesen und benötigen eine schnelle digitale Anbindung an die Tradingsysteme von Swissquote.
So sollen sich B2B-Kunden in Zukunft nicht mehr wie Privatkunden auf swissquote.ch einloggen müssen, um Kryptowährungen zu handeln. Denn das kostet Zeit. Eine direkte Schnittstelle zur Swissquote-B2B-Plattform mit Integration in die Bankensoftware für B2B-Kunden ist für den Erfolg im Geschäftskundenmarkt unabdingbar. Eine solche Programmierschnittstelle, auch API genannt, entwickelt Swissquote, wie Chris Thomas erklärt. Damit können Geschäftskunden ohne Zeiteinbussen mit Krypto-Währungen direkt mit Swissquote-Preisen auf der eigenen Plattform handeln.
Aktuell können auf Swissquote die 12 Kryptowährungen Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Ripple, Bitcoin Cash, Chainlink, Ethereum Classic, EOS, Stellar, Tezos, Augur und 0x mit Euro oder US-Dollar gekauft werden
Chris Thomas, Head of Digital Assets, Swissquote
Know Your Customer und Anti Money Laundering
«Swissquote hat schon seit fast 20 Jahren eine Banklizenz und ist damit ein vertrauenswürdiger Partner für Geschäftskunden auf der ganzen Welt», ist sich Chris Thomas sicher. Die FINMA-Regulierung kommt Swissquote insofern zugute, als dass sie als regulierte Bank die Vorschriften zu «KYC» (Know Your Customer) und «AML» (Anti Money Laundering) einhalten muss.
Die Regulierung bewirkt auch, dass Swissquote nur Partnerschaften mit vertrauenswürdigen Unternehmen eingeht, die ihrerseits KYC- und AML-Vorschriften einhalten. «Kryptofonds etwa sind noch relativ jung und können kaum etablierte Prozesse vorweisen. Deshalb arbeiten wir mit solchen nicht oder noch nicht zusammen», sagt Thomas. Auch Unternehmen, die gewisse Handelsplattformen für Kryptowährungen nutzen, welche die regulatorischen Auflagen im europäischen Raum nicht erfüllen, fallen bei Swissquote durch das regulatorische Raster.
Um sicherzustellen, dass die regulatorischen Vorschriften eingehalten werden, greift Swissquote auf automatisierte Blockchain-Analysten zurück. Diese auditieren Blockchains und die Transaktionen, die darauf getätigt wurden. So kann geprüft werden, welche Wallets für das Tätigen von Transaktionen verwendet wurden. Tauchen Verbindungen auf, die sich nicht nachverfolgen lassen, werden diese markiert. So kann das Compliance-Team von Swissquote nachverfolgen, ob Unternehmen Verbindungen zu unlauteren Parteien unterhalten und entsprechend reagieren.
Krypto kann zum grössten Markt überhaupt werden
«Zurzeit ist der Kryptomarkt noch recht überschaubar», sagt Chris Thomas. Das Interesse von Geschäftskunden liege momentan vor allem auf den Kryptowährungen, die Swissquote anbietet. Allen voran Bitcoin, aufgrund seines Volumens, der Liquidität und der Einfachheit der Transaktionen: Ganze 95 Prozent der Transaktionen sind Bitcoin zuzuordnen. Das Krypto-Ökosystem habe jedoch das Potenzial, zu einem der grössten Märkte überhaupt zu avancieren. Ermöglicht werde dies durch die Tokenisierung realer Assets. Viele Start-ups haben bereits entsprechende Tokens lanciert. Bei der Tokenisierung realer Assets wird eine digitale Version eines Vermögenswertes erstellt – etwa einer Immobilie oder einem Gemälde. Diese können in kleine Stücke, oder Tokens, aufgeteilt werden, die anschliessend gehandelt werden können, wie Thomas erklärt. So könnte man «theoretisch zehn Prozent des Hauses des Nachbarn besitzen», erklärt Thomas einen Anwendungsfall.
Bei der Tokenisierung von Vermögenswerten – sogenannte Security Tokens – gilt es allerdings wie auch bei den Krypto-Währungen bzw. den Currency Tokens dasProblem der Liquidität zu lösen. Man kann relativ einfach tokenisierte Assets ausgeben und findet für das STO (Security Token Offering) Investoren. Aber es braucht auch einen Sekundärmarkt, also eine Börse, an dem die Tokens gehandelt werden können. Dies bedingt wiederum ein Angebot und eine Nachfrage, die nötig ist für die Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten. Chris Thomas schätzt, dass es noch drei bis vier Jahre dauern wird, bis Assets im grossen Stil tokenisiert und gehandelt werden. Swissquote verfügt bereits heute über eine entsprechende Tokenisierungsplattform. Diese könnte dereinst laut Thomas sogar zur Hauptplattform von Swissquote werden.