Haben FinTechs und InsurTechs bisher vor allem mit Banken und Versicherern kooperiert, beschreiten sie in Zusammenarbeit mit anderen Marktgrössen völlig neue Wege. Eine zusätzliche Dimension mit dem Potenzial, heute schon erfolgreiche Startups sehr schnell auf ein höheres Level zu katapultieren.
Innovative Idee, smartes Angebot, aber dünne Kundenbasis
So lässt sich das Dilemma zahlreicher FinTechs in wenigen Worten zusammenfassen. InsurTechs stehen oftmals vor ähnlichen Problemen. Deshalb sind Motivation und Bereitschaft gross, mit Banken und Versicherern zu kooperieren. Davon profitieren beide Seiten: Banken und Versicherer erweitern ihr Leistungsangebot mit innovativen Ideen und Tools, FinTechs und InsurTechs erhalten Zugang zu einer breiten Kundenbasis. Zudem: Das gemeinsame Segeln unter einer etablierten Dachmarke verleiht den Etablierten neues und innovatives Flair, Startups profitieren vom Vertrauen, das die Grossen im Markt geniessen.
Das ist gelebte Praxis und führt oftmals zu Win-win-Konstellationen, die allen Beteiligten Nutzen bringt. Vor allem auch den gemeinsamen Kunden.
Neue Felder für Startups und etablierte Unternehmen
Dass die PSD2 und der erweiterte Rahmen von Open Banking auch neue Konstellationen provoziert, liegt auf der Hand. Die Verbindung von Bank und FinTech oder von Versicherer und InsurTech ist die bereits gewohnte Variante – sie ist naheliegend und deshalb folgerichtig. Dabei wird es jedoch nicht bleiben, weil noch ganz andere Varianten von Kooperationen denkbar sind.
Einen bemerkenswerten und überraschenden Anfang macht die Lufthansa-Tochter Miles & More.
Die FinTech-Plattform von Miles & More
Miles & More, grösstes europäisches Vielflieger-Programm mit direktem Zugang zu Millionen von Vielfliegern und Kreditkarten-Nutzern, schafft eine Plattform für FinTechs und InsurTechs. Nicht halbherzig, nicht ein bisschen – was Miles & More da aufzieht, folgt kraftvoll einer klaren Strategie.
Miles & More hat ihren Kunden, Vielfliegern und Kartennutzern bisher schon zahlreiche Möglichkeiten geboten, über attraktive Specials zusätzliche Meilen zu sammeln. Der Fokus lag bisher jedoch primär auf Anbietern, die mit dem Thema Reisen und Fliegen im engeren oder weiteren Sinne etwas zu tun haben. Zum Beispiel mit Specials von Hotels, Autovermietungen oder ausgewählten Angeboten im Bereich Freizeit und Erholung.
Mit einer speziellen FinTech-Plattform besetzt Miles & More neu zusätzliches Terrain. Das Bekenntnis und die Strategie ist daran erkennbar, dass sich Miles & More nicht darauf beschränkt, einige FinTech- oder InsurTech-Angebote mit ins Programm aufzunehmen. Das allein wäre schon überraschend und wegweisend, Miles & More geht jedoch deutlich weiter.
Auf der neu geschaffenen FinTech-Plattform bekommen Millionen von Vielfliegern und Meilensammlern zuerst einmal erklärt, was FinTech ist und bedeutet. Nach dem vertrauensbildenden Intro folgen die konkreten Angebote, welche Nutzen schaffen und Mitgliedern massiv zusätzliche Meilen einbringen.
Neuer Vertriebskanal für FinTechs und InsurTechs
Die unterstützten Partner dürfen sich freuen und werden ihre Kundenportfolios erheblich ausbauen können. Über Miles & More steht ihnen ein neuer Vertriebs- und Absatzkanal zur Verfügung, der den Zugang zu einem riesigen und sehr interessanten Kundenstamm öffnet.
Aktuell sind auf der Miles & More FinTech-Plattform mehrere Startups aufgeschaltet, jeder Partner mit eigenem Bereich, in dem Kunden das Geschäftsmodell, Vorteile, Besonderheiten und das Sammeln von Prämienmeilen im Detail erklärt wird:
Anlage & Sparen: Weltsparen
Partnerseite Miles & More | Website Weltsparen
Versicherungen: Clark
Partnerseite Miles & More | Website Clark
Digitale Vermögensverwaltung: Liqid
Partnerseite Miles & More | Website Liqid
Da geht noch mehr und das ist erst der Anfang. Das zeigt nur schon die Kategorisierung auf der FinTech-Plattform, die für eine grössere Auswahl von Partnern geschaffen worden ist. Die Ausbaupläne werden auch durch die Verantwortlichen von Miles & More bestätigt, es sollen nach und nach weitere FinTechs und InsurTechs aufgeschaltet werden.
Brisant: Keine Einbahnstrasse, vielmehr aktive Marktbearbeitung
Die Angebote der FinTech- und InsurTech-Unternehmen werden nicht nur innerhalb des Vielflieger-Programms von Miles & More gelistet und promoted, die Kooperation zwischen Miles & More und seinen FinTech-Partnern beinhaltet nach Aussagen der Verantwortlichen die direkte, personalisierte Ansprache der Teilnehmer über alle digitalen Kanäle des Miles & More Programms. Das überrascht, geht sehr weit und eröffnet FinTechs und InsurTechs zusätzliche Kanäle und völlig neue Möglichkeiten, mit sehr interessanten Zielgruppen direkt ins Gespräch zu kommen.
Roland Adrian, Geschäftsführer der Miles & More GmbH, zum Thema: «Wir ermöglichen FinTechs einen klaren Auftritt und eine passgenaue Kundenansprache.» Die Überlegungen zur neuen Initiative und die Ziele bringt Roland Adrian mit folgenden Statements auf den Punkt: «Wir sind davon überzeugt, dass digitale Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sehr gut zu unseren online-affinen Programmteilnehmern passen. Deshalb wollen wir nicht nur neue Partner aus diesen Branchen in das Programm aufnehmen, sondern interessierten Teilnehmern auch mehr Informationen zu unseren Partnern liefern und damit eine Entscheidungshilfe geben.»
Genau das geschieht dann auch auf der FinTech-Plattform von Miles & More, sehr ausführlich und im Detail.
Die weitergedachte Entwicklung
Wie gesagt, Miles & More wird weitere Partner evaluieren und nach und nach auf der FinTech-Plattform aufschalten. Interessant ist jedoch auch eine weitergedachte Dimension:
Miles & More ist keine Bank, sondern ein Vielflieger-Programm, hat jedoch über den Hintergrund der Kreditkarten noch eine Nähe zum Bereich Finanzen. Neue Kooperationsformen werden sich allerdings auch in ganz anderen Bereichen herausbilden. So, wie Miles & More überlegt hat, wie sich Meilensammeln mit smarten Angeboten verbinden lässt, so können völlig finanzfremde Marktgrössen ähnliche Überlegungen anstellen, um Kundenbindungsmassnahmen mit neuen Angeboten zu starten. Und sie werden passende Antworten finden.
Sind gefundene Antworten in Strategien und Konzepte gegossen, eröffnen sich für FinTechs, InsurTechs und andere Startups weitere Felder. Gewaltige Spielfelder, welche die Entwicklung und das Wachstum der jungen Unternehmen schlagartig auf ein neues Level bringen können. Mit etwas Fantasie und intelligenten Marketingstrategien werden Telekommunikations-Anbieter (heute schon), Grossverteiler, Verlage, Energieunternehmen, Tourismus-Organisationen und andere Institutionen zu Partnern und Promotoren von FinTechs und Startups.
Open Banking zieht weitere Kreise, das "Open" emanzipiert sich
Interessant dabei ist, dass diese Entwicklung als direkte oder indirekte Auswirkung von PSD2 und Open Banking betrachtet werden kann. Wobei der Begriff "Open" schneller als gedacht neu und in abgekoppelter Form noch offener definiert wird. Das bestätigt Banken und Finanzunternehmen, welche im Open Banking unterwegs sind und klare Strategien verfolgen. Es setzt sie jedoch teilweise auch unter neuen Druck, weil FinTechs nicht mehr exklusiv mit Banken kooperieren, sondern neu auch von anderen Marktgrössen umworben werden. Bedingungen und Kooperations-Modelle werden in Zukunft noch stärker auf Augenhöhe verhandelt. Das ist gut für beide Seiten, weil Kooperationen nur mit ernstzunehmenden Partnern Erfolg versprechen. Und gleichwertige Partner operieren und agieren auf Augenhöhe.
So oder so eine spannende Entwicklung, welche für weitere Überraschungen sorgen und neue Konstellationen schaffen wird. Fruchtbar für Innovationen und Startups, interessant für kreative Marktgrössen verschiedener Branchen und vor allem positiv für Konsumenten und Kunden. Weil breite Zielgruppen neue smarte Leistungen nur dann nutzen können, wenn sie überhaupt von deren Existenz erfahren. Und da sind neue Multiplikatoren am Werk, welche innerhalb von Partnerschaften Kommunikationsdefizite von Startups ausgleichen. Im Gegenzug erhalten sie innovative Leistungen, die sie unter ihrem Segel anbieten können.
Open Banking oder Open Sky?
Beides. Nur erhält der Begriff "Open" verstärkt neue und zusätzliche Dimensionen. Wir haben letzte Woche in unserem Artikel "Was Banken von Möbelbauern lernen können" über die Strategie von Ikea berichtet, welche ihre smarten Lichtsysteme für andere Anbieter und damit auch für die Sprachassistenten von Amazon, Google und Apple öffnet. Das hat uns einige Kommentare eingebracht, was denn nun offene Lichtsysteme mit Open Banking zu tun haben sollen. Wir haben das in unserer Story bereits ausgeführt und bleiben heute kurz und knapp:
Ob Open Banking, Open Smart Lighting System oder Open Irgendwas – "Open" ist kein kurzlebiger Trend, vielmehr eine Marktrealität und die klare Anforderung der Zukunft. Ausgelöst durch eine wachsende Zahl innovativer Anbieter und in Wechselwirkung extrem verstärkt durch veränderte Verhaltensweisen von Konsumente und Kunden. Das betrifft Banken mit Open Banking, das betrifft zahlreiche andere Branchen und das führt auch zu innovativen branchenübergreifenden Modellen – deshalb Open Sky. Der Begriff selbst ist allerdings nicht von Bedeutung, wichtig ist, dass darin "Open" als verinnerlichte und gelebte Dimension eine zentrale Rolle spielt.
Auch das ist Digitale Transformation: Mit Kreativität und klaren Strategien neue übergreifende Konstellationen zu schaffen, die allen Beteiligten zusätzlichen Nutzen bringen. Wer's packt, sprengt beschränkte Märkte und spielt auf erweiterten Feldern – gemeinsam mit anderen, die sich gegenseitig verstärken. Deshalb wird auch Open Banking weitergedacht zu Open Sky. Nicht als Wort, als Philosophie und als umgesetzte Realität.
Miles & More: FinTech-Plattform und Meilen sammeln
Stichworte im Lexikon zum Thema: FinTech | InsurTech | Open Banking | PSD2 | Digitale Transformation