Die Zeiten der Negativzinsen haben die Gebühren-Landschaft bei den Schweizer Banken drastisch verändert. Bisher kostenlose Leistungen bekamen ein Preisschild. Günstige Leistungen wurden über Nacht teuer. Kundinnen und Kunden bekamen für ihre Guthaben keine Zinsen mehr, umgekehrt, sie mussten Strafzinsen zahlen.
Einige Banken waren in diesen Jahren ziemlich kreativ und haben im Zuge des neu entfachten Gebührenfiebers alle erdenklichen Leistungen mit Gebühren belastet und bestehende Gebühren erhöht. Alltags-Banking in der Schweiz wurde richtig teuer, je nach Bank gehen seither die Basisleistungen von Kontoführung, Debitkarte sowie Banking-Services ziemlich ins Geld.
Alles neu macht die ZInswende – oder auch nicht
Mit der laufenden Erhöhung der Leitzinsen sind die Sparzinsen, die Banken ihren Kundinnen und Kunden gewähren, nicht sprunghaft in die Höhe geschnellt. Die bremsende Taktik hat zahlreichen Banken, welche die SNB-Zinsen zu einem guten Teil für sich beanspruchen, teilweise hohe Gewinne beschert. Auch an der Front der Gebühren war bisher von der Entlastung wenig zu spüren, Gebühren sind nicht nennenswert gesunken.
Hohe Gebühren und mickrige Sparzinsen sind für Bankkunden unerfreulich, öffnen jedoch Türen für Neo-Banken. Letztere haben bereits während den Negativzins-Jahren mit laufend erhöhten Gebühren mit ihren kostenlosen Abo-Modellen gepunktet. Praktisch alle Neo-Banken bieten die Basisleistungen von Konto und Karte kostenlos an. Die im Vergleich zu klassischen Banken oftmals deutlich tieferen Gebühren für weitere Banking-Services sowie faire Wechselkurse ohne Aufschläge haben mit dazu beigetragen, dass Neo-Banken bei periodischen Kostenvergleichen die Nase jeweils vorne haben.
Die Zürcher Kantonalbank markiert den Gebührenbrecher
Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) lanciert jetzt keine weitere Neo-Bank, sie tut etwas viel Einfacheres: sie bietet ab 1. Januar 2024 Alltagsbanking zum Nulltarif. Zu diesem Alltagsbanking gehören drei Privatkonten und Sparkonten, bis zu zwei Debitkarten sowie E-Banking, Mobile Banking und Twint. Das eben, was zum alltäglichen Banking notwendig ist.
Für dieses Paket schafft die ZKB die Jahresgebühren für Privatkunden ab. Für alle bestehenden Kundinnen und Kunden sowie auch für Neukunden. Damit haucht die Zürcher Kantonalbank als erste Bank dem Begriff "Gratis" auch bei klassischen Banken wieder neues Leben ein – und sie reaktiviert eine längst vergangene Ära. Eine, die es in dieser Form nur bei Neo-Banken gab.
Die ZKB lanciert die gebührenmässige Schubumkehr im Schweizer Banking unter der generischen Angebotsbezeichnung "ZKB Banking". Das ist nicht unbedingt originell und überraschend, weil es das Banking der ZKB auch vorher schon gab. Auf der anderen Seite ist es sicher klug, im neuen Angebot den Brand ZKB zu führen. Die Befreiung von Gebühren soll ja stark und auf Dauer mit ZKB assoziiert werden. Wie auch immer, ZKB Banking und die gewünschten Konten dazu lassen sich über PC oder Smartphone digital eröffnen.
Mit ZKB Banking will die Zürcher Kantonalbank die Vorteile einer digitalen Bank mit den Vorzügen einer "nahen Bank" kombinieren. Das meint: Nutzerinnen und Nutzern des kostenlosen digitalen Alltags-Bankings stehen Beratung per Video oder Telefon sowie persönliche Kontake an 51 Filialstandorten im Kanton Zürich ebenfalls zur Verfügung.
Zusammen mit der Abschaffung der Gebühren reduziert die ZKB auch die Kosten für ihre Kreditkarten-Angebote Basis, Silber, Gold und Platin spürbar und markant.
Mit dem Kippen der Gebühren beim alltäglichen Banking folgt die Zürcher Kantonalbank in gewisser Weise einer selbstgelegten Spur. Beim Vorsorgesparen mit der Säule 3a hat die ZKB mit ihrer Lösung Frankly 2020 vom Start weg die Rolle des Preisbrechers besetzt. Mit sichtbaren Erfolgen: heute verwaltet Frankly rund 2 Milliarden Franken Kundenvermögen und kratzt an der Marke von 100'000 Kundinnen und Kunden.
Ein Tabubruch mit Signalwirkung und Folgen
Hätte eine Neo-Bank ihr neues kostenloses Angebot vorgestellt, wäre das kaum der Rede wert. Prescht eine klassische Bank – eine Kantonalbank – vor und setzt die Gebühren für das alltägliche Banking auf Null, geht das in die Nähe eines Tabubruchs. Das Kippen der Gebühren hat Signalwirkung und wird auch Folgen haben.
In Sachen Sparzinsen unterscheiden sich klassische Banken untereinander nicht wesentlich. Die gewährten Zinsen bleiben generell tief und minimale Unterschiede fallen Kundinnen und Kunden in der Regel nicht besonders auf.
Bei den Gebühren, die jetzt neu zwischen teuer und kostenlos liegen, ist die sichtbare Bandbreite und damit die Wirkung eine völlig andere. Die ZKB operiert nicht ein bisschen günstiger, sie betritt den untersten Boden von günstig: kostenlos und gratis.
Das fällt auf und ist gut fürs Marketing der ZKB. Die Bank wird ihr Marketing auch nutzen, um den Unterschied von Gebühren und keine Gebühren bis in den hintersten Winkel ihres Jagdreviers zu tragen. Mit diesem Schritt lässt sich auch klarmachen: Kostenlos und gratis gehört nicht weiterhin allein den Neo-Banken, eine Kantonalbank mit Reputation ist mit im Boot.
Andere Banken werden unter Zugzwang geraten. Neos nicht, die waren immer schon auf der Ebene der kostenlosen Basisdienstleistungen. Klassische Banken werden über die Bücher gehen müssen. Insbesondere jene, die in den letzten Jahren ihr Ertragsmodell zusätzlich und stark über Gebühren optimiert haben.
Eine mutige Entscheidung der Zürcher Kantonalbank. Und auch ein cleverer Schachzug. Wer mag kritisch über tiefe Sparzinsen nachdenken, wenn er Konten und Karten kostenfrei geschenkt bekommt? Auf der anderen Seite: die Jagd nach fairen Sparzinsen ist nur aufgeschoben, irgenwann werden Bankkunden auch in diesem Bereich sensitiver. Bis dann könnte die ZKB allerdings an der Front der Retail-Kunden bereits einiges in Bewegung gebracht haben – die Tore hat die Bank jetzt sehr weit aufgemacht.