Knapp ein Jahr nach dem Start der Genfer Flow Bank eröffnet das FinTech ein neues Büro am Löwenplatz in Zürich. Verschiebt Flow Bank-CEO Charles-Henri Sabet das Synonym für Banking gleich mit, vom Paradeplatz an den Löwenplatz, ist das Augenzwinkern nur ein halbes. Das zweite Auge bleibt ohne jedes Zwinkern weit offen. Oscar Neira hat bei den Macherinnen und Machern am Löwenplatz nachgefragt, wohin der klare Blick in nächster Zeit führen soll.
Steht der Löwenplatz als neues Synonym für Banking?
In 50 Jahren vielleicht schon, orakelt Sabet und macht seine These nicht an der Glaskugel, sondern an einer persönlichen Einschätzung fest:
Der Paradeplatz, der für traditionelles Banking steht, gerät durch Online-Banken wie uns zunehmend unter Druck – die Grossbanken verstehen die Bedürfnisse der jüngeren, finanziell gut informierten Kundschaft nicht wirklich
Der CEO der Flow Bank ist überzeugt davon, dass die neue Generation und heutige Anlegerinnen und Anleger sich vom Investieren nicht nur Rendite versprechen, sondern dass sie auf spielerische und und unterhaltsame Weise anlegen möchten. Deshalb hat das FinTech mit Banklizenz eine Trading-Plattform hochgezogen, die Rookies wie auch erfahrenen Anlegern den komfortablen und einfachen Zugang zu über 50'000 Finanzprodukten öffnet. Dazu gehören Aktien, Fractional Shares inklusive, ETFs, Optionen, Rohstoffe, Krypto-Produkte und mehr.
Was unterscheidet die Flow Bank von Challenger-Banken oder den Trading-Plattformen von FinTechs?
Flow Bank ist eine regulierte Bank und nicht nur eine Plattform, führt Sabet aus. Deshalb gibt's ein Konto, in dem sich 15 Währungen halten und wechseln lassen, ab Januar 2022 gehört die Debitkarte mit dazu und der nächste Trade ist jeweil nur drei Klicks entfernt. Konto, Karten, Sparen, Investieren, fasst Sabet zusammen, alles in einer App und auf einer Plattform – verbunden mit einem engagierten Kundendienst, der rund um die Uhr erreichbar ist.
Ist die Flow Bank ein FinTech mit Banklizenz oder mehr eine Bank mit Startup-DNA?, wollten wir von Caroline Puder-Lévy, Head of Marketing, wissen. Ihre Positionierung als Kurzformel:
Die ganze hochentwickelte Technologie eines FinTechs mit der Sicherheit einer Schweizer Bank
Unsere Frage, wie es denn all seinen Konkurrenten in drei Jahren gehen könnte und wo die Flow Bank stehen wird, beantwortet Charles-Henri Sabet ebenso kurz und knapp mit dem Anspruch:
Wir sind auf dem Weg zur führenden digitalen Bank in der Schweiz
Ein zentraler Aspekt dürfte auf diesem Weg mit eine Rolle spielen: Die Flow Bank ist die digitale Bank und die Trading-Plattform für Rookies und für Profis, institutionelle Anleger und Vermögensverwalter inklusive. Die Bank hat sich seit ihrem Start darauf ausgerichtet, sich nicht auf eine Kundengruppe zu beschränken. Newbies, erfahrenen Anlegern und Profis stehen jeweils unterschiedliche Tools und Instrumente zur Verfügung. Dasselbe gilt für den stark forcierten Bereich rund um Education, Wissen und Know-how. Hier bietet die Flow Bank eine Vielzahl von Angeboten und macht Informationen und Anlage-Know-how auf verschiedenen Levels für Interessierte zugänglich.
Diese Sparte hat besonders Esty Dwek, die neue CIO, im Auge. Die Investment-Chefin führt aus, was in ihrer Betrachtung "Invest with confidence" bedeutet und was mit dazu gehört:
Wir beziehen alle mit ein, Anleger auf unterschiedlichen Stufen, Trader, Sparer – Education soll für alle funktionieren, damit Anlegerinnen und Anleger genau dort profitieren können, wo Know-how benötigt wird, auf dem Level und in der Sprache des jeweiligen Kunden
Dwek ist Anfang Oktober zur Flow Bank gestossen, leitet das wachsende Team der Analystinnen und Analysten, hat jedoch darüber hinaus die Weiterentwicklung des umfangreichen Bildungsangebotes der Bank ganz oben auf ihrer Agenda.
Bisher Erreichtes und nächste Schritte
Nach Aussagen von Charles-Henri Sabet hat die Flow Bank seit ihrem Start Ende November 2020 sehr viel erreicht und bereits zahlreiche Meilensteine gesetzt. Konkrete Zahlen sind in einigen Wochen zu erwarten, so viel aber bereits heute: Sabet beschreibt das Wachstum als erfreulich, die verwalteten Vermögen würden sich pro Quartal verdoppeln, das Handelsvolumen wird aktuell mit 15 Milliarden CHF pro Monat angegeben.
Krypto-Produkte wie ETFs, Fonds oder Derivate gehören heute schon zum Angebot, ab Januar 2022 soll zusätzlich der direkte Handel mit Kryptowährungen geöffnet werden. Die neue Partnerschaft mit dem britischen Digital-Assets-FinTech Coin Shares soll zudem den Fächer digitaler Vermögenswerte beträchtlich erweitern. Charles-Henri Sabet unterstreicht, dass die Flow Bank "bisher gültige Investmentgrenzen durchbrechen" will, Kundinnen und Kunden sollen bald in Anlageklassen investieren können, "die bisher für Private unzugänglich waren". Sabet konkretisiert:
«Die Tokenisierung macht Anlageklassen zugänglich, die bis vor kurzem nur einer sehr vermögenden Klientel offenstanden. Dazu gehören Investitionen in KMU und womöglich sogar Sachwerte wie Kunst in Museumsqualität, seltene Oldtimer, exquisite Uhren und so weiter. Darüber hinaus entstehen in der Kryptowelt neue Anlageformen wie NFTs und Ähnliches. Kundinnen und Kunden erwarten von einer modernen Bank wie uns, dass solche Anlagen angeboten werden.»
Ein Interessantes Statement von Sabet folgt auf unsere Frage, wie sich die Flow Bank mit den neuen Angeboten rund um Tokenisierung und digitale Assets von bestehenden Playern im Crypto Valley unterscheiden würde:
Seba oder Sygnum sind Boutiquen, wir sind eine Universalbank
Die Universalbank plant, die breite Palette der bestehenden Finanzprodukte in sämtlichen Bereichen zusätzlich auszubauen – und die internationale Expansion steht ebenfalls mit auf der Agenda der kurzfristigen Ziele. Sabet kündigt an, "das Online-Banking bald auch jenseits der Schweizer Grenzen revolutionieren" zu wollen.
Zusammen mit unseren heutigen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern Charles-Henri Sabet, Esty Dwek und Caroline Puder-Lévy zieht eine Crew mit rund 120 Profis am selben Strang, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen. Ob überhaupt und in welchem Tempo der Löwenplatz zum neuen Paradeplatz werden kann, bleibt offen. Sicher ist, dass die Flow Bank nun auch aus Zürich alles daran setzen wird, in Zukunft "die Schweizer Bankenlandschaft weiter aufzumischen". Als formulierter Nebeneffekt und als mögliche Auswirkung eines massiv erweiterten Leistungsangebots.