Der Bundesrat hat bereits im Januar 2016 festgehalten, dass er bei der E-ID auf Systeme setzen will, die vom Markt entwickelt werden, also von Privaten. Überraschend deutlich hat der Bundesrat diesen Kurs am 15. November 2017 bestätigt. Die schweizerische E-ID soll von staatlich anerkannten und zertifizierten privaten Anbietern ausgestellt werden. Beim Bund bleibt die Verantwortung für die Anerkennung, Zertifizierung und Kontrolle von Identitätsdienstleistern sowie die Kontrolle und Bestätigung der Identitätsmerkmale von Personen, welche eine E-ID beantragen.
Die Statements von Bundesrätin Simonetta Somaruga
Bundesrätin Simonetta Sommaruga bestätigt in der gestrigen Medienkonferenz den eingeschlagenen Kurs zum Punkt der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten:
«Mein Departement wird nach dem heutigen Beschluss des Bundesrates bis nächsten Sommer eine Botschaft für ein Bundesgesetz über elektronische Identifizierungdienste ausarbeiten. Dieses Gesetz wird klare Regeln für die Ausstellung und für den Einsatz von elektronischen Identifizierungsdiensten enthalten und damit an der schon in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Aufgabenteilung zwischen dem Staat und der Wirtschaft festhalten.»
Weitere Ausführungen der Bundesrätin zu neuen Ansätzen und zur Rolle des Bundes:
«Zuerst muss jemand die Grundlagen schaffen, damit die Konsumenten und die Bürger elektronische Dienstleistungen und Angebote einfach, effizient und sicher nutzen können. Um hier einen Schritt weiterzukommen, braucht es einen neuen Ansatz, es braucht staatlich anerkannte elektronische Identifizierungsdienste. – Was müssen wir für eine solche Lösung in einem Gesetz festhalten? Wir müssen festlegen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit jemand zuverlässig identifiziert werden kann. Hierfür braucht es Regeln. Und diese Regeln setzt der Staat fest und nicht irgendjemand. Das möchte ich betonen. Auch für die digitale Welt ist es der Staat, der die Existenz einer Person und ihrer Identitätsmerkmale prüft und auch bestätigt. Das heisst, der Bund legt die Standards und die Verfahren fest. Etwas anderes ist dann aber die technische Umsetzung dieser Vorgaben. Wenn es darum geht, den Träger zu bestimmen, auf dem der elektronische Identitätsnachweis zur Verfügung gestellt werden soll, dann kann man das den Privaten überlassen.»
Die Notwendigkeit der E-ID für die Schweiz ist unbestritten
Der Punkt der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten ist und bleibt jedoch in der Diskussion. Das hat auch das Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) gezeigt. Zwischen 22. Februar und 29. Mai 2017 haben Kantone, Parteien, Dachverbände und interessierte Organisationen insgesamt 88 Stellungnahmen abgegeben. Einige zentrale Ergebnisse aus der Vernehmlassung:
Die Schaffung einer schweizerischen E-ID wird von den Teilnehmern begrüsst.
Ebenso unbestritten ist, dass die Schweizer Lösung international kompatibel sein soll, insbesondere mit den EU-Nachbarländern.
Die Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten wird unterschiedlich beurteilt. 21 Kantone sind dafür, die Kantone Thurgau, Zug, Zürich, Waadt und Baselstadt halten in Teilen oder vollständig dagegen. Auch Parteien und Verbände (Ausnahme Dachverbände der Wirtschaft mit uneingeschränkter Zustimmung) vertreten unterschiedliche Haltungen zum Thema. Im Gegensatz, und wenig überraschend, zu Unternehmen aus der Privatwirtschaft, welche die Aufgabenteilung begrüssen und unterstützen. Privatpersonen sehen in der Herausgabe einer E-ID mehrheitlich eine staatliche Aufgabe.
Weitere Punkte sind Themen der Interoperabilität, Einsatz einer E-ID-Registrierungsnummer (AHV-Nummer oder nicht), Daten und Datenschutz sowie notwendige Persönlichkeitsmerkmale bzw. Daten zur Identifizierung, Berechtigung zum Bezug einer E-ID, Kosten und Kostenverteilung und mehr.
Ein vertiefter Blick in den Bericht des EJPD lohnt sich, das PDF kann direkt runtergeladen werden.
- Alle Details: Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens
Der Bundesrat bleibt bei der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten
Diese Entscheidung wird, unter anderem, auch damit begründet, dass durch Private die notwendige Flexibilität für technologische Veränderungen sichergestellt wäre – eine Voraussetzung, die nach dieser Lesart der Bund offensichtlich nicht erfüllen könnte. Der Bundesrat befürchtet auch unabsehbare Kostenfolgen für Entwicklung und besonders für Pflege und Weiterentwicklung von technischen System, wenn die Verantwortung beim Bund liegen würde. Ausserdem geht man davon aus, dass Bürgerinnen und Bürger der Ausstellung einer E-ID durch Private den Vorzug geben würden.
Wie geht es weiter?
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wird bis im Sommer 2018 eine Botschaft für ein Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) ausarbeiten. Unter Berücksichtigung der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung.