Klassische Banken waren immer schon im Vorsorgesparen über die Säule 3a engagiert – einfach nicht digital, nicht als App und tendenziell in den Gebühren hoch und teuer.
Mit Frankly hat die Zürcher Kantonalbank im März 2020 den Anfang gemacht – eine Eisbrecher- und Preisbrecher-App, welche von Anfang an auf jung, modern, hip und auf sehr tiefe Gebühren gesetzt hat. Mit Erfolg, in Sachen Kundenzahl und verwaltete Vermögen segelt Frankly in der Region von FinTech-Pionier Viac.
Ein Jahr später hat die Graubündner Kantonalbank mit ihrer App Gioia 3a nachgelegt. Zum selben Zeitpunkt haben die Luzerner Kantonalbank und die St. Galler Kantonalbank ihre Apps angekündigt, die sie in Bündelung der Kräfte gemeinsam entwickeln wollten. Das haben die beiden Kantonalbanken auch gemacht und sind mit ihren Mobile-Angeboten für das Säule-3a-Wertpapiersparen gestartet. Die SGKB bereits im Oktober 2021, die LUKB aktuell im April 2022.
Neu im Markt: Denk 3a und Fluks 3a
Beide Lösungen basieren auf derselben Technologie und richten sich primär an bestehende Kundinnen und Kunden, die digital agieren möchten. Die Vorsorge-Apps sind ins Mobile Banking der beiden Banken integriert und setzen deshalb einen bestehenden E-Banking-Vertrag voraus. Denk 3a der St. Galler Kantonalbank und Fluks 3a der Luzerner Kantonalbank sind deshalb nicht von aussen, sondern als Apps nur aus dem Mobile Banking der beiden Banken ansteuerbar.
Die SGKB- wie auch die LUKB-App bieten Nutzerinnen und Nutzern Autonomie beim Vorsorgesparen, wählbare Vorsorgefonds und digitale Services zur Selbstverwaltung der angelegten Gelder mit den inzwischen gewohnt tiefen Hürden.
Auch in den Kosten und Gebühren operieren die beiden Kantonalbanken ähnlich. Bei Denk 3a der SGKB betragen die Fondskosten je nach Strategie 0.60 bis 0.69 Prozent als Total Fee. Die LUKB mit Fluks 3a belastet jährlich eine All-in-Fee von 0.60 Prozent.
Die Zahl der digitalen Vorsorge-Apps wird weiter wachsen
Insbesondere für klassischen Banken und Versicherungen ist die Idee der digitalen Vorsorge-App für die Säule 3a naheliegend. Banken und Versicherer dominieren traditionellerweise den Markt des Vorsorgesparens mit der Säule 3a. Nur, ziehen sie nicht nach, werden sie mehr und mehr Kundinnen und Kunden an FinTechs oder an Banken mit smarten Apps und vor allem mit deutlich tieferen Gebühren verlieren.
Eine Kannibalisierungs-Quote im eigenen Haus ist leichter zu verkraften als eine Abwanderung zur Konkurrenz. Deshalb etablieren Banken wie jetzt zum Beispiel die LUKB und die SGKB ihre Vorsorge-Apps weniger als Kanal zur offensiven Neukundengewinnung oder als Lockstoff für junge Zielgruppen, mehr als digitale Alternative zu ihren klassischen und bereits bestehenden Vorsorge-Lösungen 3a. Eine Schiene, auf der in Zukunft auch weitere Banken und Versicherer fahren werden.
Klassische Banken nutzen den Vorteil der bestehenden grossen Kundenbasis und dazu die Marketing-Power, die sich über die etablierten Wege und Zugänge zu ihren Kundinnen und Kunden entfalten kann.
Klare Vorteile, die FinTechs nicht zur Verfügung stehen. Dass sich fehlende Kundenbasis und eher dünn ausgestattete Marketing-Budgets negativ auswirken können, haben die Beispiele der beiden Vorsorge-FinTechs Freya und Sparbatze gezeigt. Beiden Startups ist nach ungefähr einem Jahr der Schnauf ausgegangen, weil sie weder genügend Kunden noch das notwendige Anlagevolumen generieren konnten, MoneyToday.ch hat berichtet, hier und hier.
Die Rolle von Banken, Versicherern und FinTechs im Vorsorgesparen 3a
Ein grosses FinTech-Sterben ist dennoch auch weiterhin nicht zu befürchten. Zum einen ist der Vorsorgemarkt riesig und weiterhin am Wachsen – auch in Zukunft genügend Raum vorhanden für bestehende und auch für neue Player aus verschiedenen Lagern. Zum anderen können FinTechs in der Neukundengewinnung mit jungen und zunehmend preis- und gebührensensitiven Zielgruppen ihre Stärken voll ausspielen.
FinTechs operieren mit ihren Gebühren meistens deutlich günstiger im Vergleich zu den Apps und Lösungen der etablierten Anbieter. Dazu eine wirklich smarte App, laufend erweiterte Angebote, eine klare und deshalb fassbare Positionierung, die Unterschiede schafft, sowie genügend Kapital für Marketing, Sichtbarkeit im Markt und die Gewinnung neuer Kundinnen und Kunden – mit diesen Voraussetzungen sind und werden FinTechs zu ernstzunehmenden Playern, die den etablierten Anbietern ein Stück weit das Wasser abgraben können.
Mit Ausnahme von der ZKB mit Frankly bauen klassische Banken und Versicherer mit ihren Apps tendenziell einen alternativen digitalen Kanal für bestehende Kundengruppen, die digital und autonom agieren und weniger verwaltet werden möchten. Damit setzen etablierte Anbieter in erster Linie auf einen Abwanderungs-Stopp, weniger und erst in zweiter Linie auf einen zusätzlichen Kanal zur Gewinnung neuer und junger Kundengruppen.
FinTechs haben beide Gruppen im Visier – sie locken abwanderungswillige bestehende Vorsorge-Sparer mit tiefen Gebühren und sie machen sich vor allem für Neueinsteiger attraktiv, welche ihre Säule 3a starten und neu eröffnen. Bei der ersten Gruppe sind klassische Banken und Versicherer nach wie vor fett im Geschäft, bei der zweiten Gruppe sind die FinTechs in der Regel im Vorteil.
Neue Entwicklungen können zu starken Ausschlägen führen
Seit einigen Jahren setzen Startups und FinTechs neue Impulse, die zu wahrnehmbaren Bewegungen führen – starke Ausschläge sind jedoch noch nicht in Sicht. Das kann sich ändern, vor allem durch zwei Entwicklungen.
Zum einen, wenn vermehrt klassische Banken oder Versicherer verstärkt auf junge Zielgruppen setzen, dem Beispiel der ZKB mit Frankly folgen und als Startup und FinTech im eigenen Hause oder auf der grünen Wiese zusätzliche Bewegung in die Märkte bringen. Zum anderen liegen brisante Potenziale für mögliche Ausschläge in Kooperationen. Tun sich irgendwann Startups und FinTechs mit etablierten Anbietern zusammen, dürften die Seismographen im Vorsorgemarkt der Säule 3a durch diese neuen Kooperationen verstärkte Ausschläge registrieren.