Viele Schweizer KMU sind auf Finanzierungshilfen angewiesen. Weil Banken immer seltener kleine oder kurzfristige Kredite vergeben, müssen die Firmen auf andere Möglichkeiten ausweichen. Eine davon ist Crowdlending, bei dem Privatpersonen oder Institutionen Geld über eine digitale Plattform in Unternehmenskredite investieren.
Um erfolgreich wirtschaften oder Innovationen vorantreiben zu können, müssen zahlreiche KMU (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden) einen Kredit aufnehmen. Im Jahr 2023 betrug das entsprechende Volumen bei den Banken knapp 400 Milliarden Franken. Dies geht aus dem Crowdfunding Monitor Schweiz 2024 hervor.
Allerdings entscheidet sich nicht jedes KMU für einen Kreditantrag bei einer Bank, obwohl es grundsätzlich Finanzierungsbedarf hätte. Wie eine Umfrage der Hochschule Luzern im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco zeigt, verzichtete jedes zehnte KMU im Jahr 2021 aus diversen Gründen auf einen klassischen Kreditantrag.
Besonders interessant: Die Zahl der KMU, die keine Bankenfinanzierung anstrebten, stieg zwischen 2016 und 2021 von 6 auf 10 Prozent. Die Studienautoren schätzen, dass es sich um rund 16’000 KMU handelt.
Crowdlending: einfache und effiziente Finanzierung
Eine alternative Finanzierungsmöglichkeit bietet das sogenannte Crowdlending, auch bekannt als Peer-to-Peer Lending oder Social Lending. Dabei investieren Privatpersonen oder Institutionen Geld in Unternehmenskredite und erhalten dafür Zinsen. Wie hoch die Zinsen sind, hängt von den Risiken ab, die an das Darlehen gebunden sind.
Das Ganze funktioniert über digitale Plattformen, wo sich Angebot (Kreditgesuche) und Nachfrage (Investoren) treffen. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der einfachen und effizienten Abwicklung. Weil der gesamte Prozess digital abläuft, kommen kreditsuchende KMU innerhalb von kurzer Zeit zu ihrer Finanzierung. Für die Nutzung der Plattform bezahlen sie eine einmalige Gebühr, die in der Regel tief angesetzt ist.
Ein weiterer Vorteil sind die flexiblen Kreditkonditionen. Sie erlauben es Unternehmen, das Kreditvolumen und die Rückzahlungsmodalitäten flexibel zu wählen. So ist es bei einigen Anbietern beispielsweise möglich, Kredite praktisch ohne Kostenfolgen vorzeitig zurückzuzahlen, wenn diese nicht mehr gebraucht werden. Der Zinssatz wird nach der Kreditprüfung mit einem Rating festgelegt.
Projekte finanzieren oder Liquidität sichern
Beim Crowdlending werden grundsätzlich zwei Arten von Darlehen unterschieden: sogenannte endfällige Darlehen und Ratendarlehen. Erstere werden häufig für zeitlich begrenzte Projekt-Finanzierungen eingesetzt, die meist weniger als ein Jahr dauern. Beispiele dafür sind Renovationen oder Erweiterungen von Immobilien sowie Überbrückungsfinanzierungen bei besonderen Liquiditätssituationen.
Diese Darlehen können bei Bedarf auch mit einer Anschlussfinanzierung erneuert werden. Das kann dann der Fall sein, wenn bei einem Immobilienprojekt ungeplante Kosten auftreten oder bei gewissen Projekten der Finanzierungsbedarf für Banken zu klein oder die Laufzeit des Kredits zu kurz ist. Bei den endfälligen Darlehen bezahlen die KMU am Ende der Laufzeit den Zins und das Kapital zurück.
Im Gegensatz dazu erfolgt bei Ratendarlehen die Zins- und Rückzahlung laufend über die vereinbarte Zeit. Diese beträgt in vielen Fällen maximal fünf Jahre. Beispiele hierfür sind Investitionsprojekte wie die Anschaffung von Produktionsmaschinen sowie die Finanzierung von Wachstumsprojekten. Oft geht es auch um Vorfinanzierungen von Lagerbeständen, etwa bei Autofirmen mit einem grossen Wagenpark. Auch Importe von Gütern oder Rohstoffen können über Crowdlending vorfinanziert werden.
Kreditwürdigkeit und Transparenz sind Pflicht
Wichtig zu wissen: Crowdlending eignet sich nicht für jedes Unternehmen. Häufig gelten Mindestanforderungen. So muss eine Firma mindestens seit zwei Jahren operativ am Markt sein und einen Mindestumsatz von CHF 100'000 pro Jahr erwirtschaften. Wie bei Bankkrediten gibt es auch beim Crowdlending eine detaillierte Prüfung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Die Firmen müssen einen Kreditantrag ausfüllen und weitere Informationen einreichen wie Geschäftsabschlüsse und konkrete Projektbeschriebe. Gegebenenfalls ist auch das Vorlegen von zusätzlichen Sicherheiten erforderlich. Bei KMU sind dies häufig Immobilien, Debitoren-Zessionen oder Solidarbürgschaften, welche die Kredite zusätzlich absichern.
Seriöse Crowdlending-Anbieter prüfen die Unterlagen im Detail und suchen bei Bedarf auch das persönliche Gespräch mit den Kreditsuchenden, um die Risiken besser abschätzen zu können. Dieses Vorgehen führt dazu, dass in der Praxis die Mehrheit aller eingereichten Anträge abgelehnt wird.
Damit es nicht so weit kommt und kreditsuchende Unternehmen schnell zu einer Finanzierung gelangen, sollten sie einen klaren Plan haben und ihren Business Case sorgfältig und transparent aufbereiten. Während Bankfinanzierungen häufig anonym ablaufen, schätzen es Investorinnen und Investoren von Crowdlending-Plattformen, Einblicke in die Zahlungshistorie und Pläne der Unternehmen zu erhalten – schliesslich wollen sie wissen, was mit ihrem Darlehen gemacht wird.
Gerade KMU, die regelmässig auf kurzfristige Kredite angewiesen sind, tun also gut daran, als zuverlässige, vertrauenswürdige Partner gegenüber den Investoren aufzutreten. Denn: Vertrauen ist das A und O im Kreditgeschäft.