Brisantes aus dem Bundeshaus: Fintech-Lizenz für eine "Digitale Schweiz"

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Der Bundesrat präsentiert die Strategie "Digitale Schweiz" und will Innovationen fördern – mit einer Fintech-Lizenz.

Gleich in zweifacher Auflage ist in in diesen Tagen Erstaunliches aus Bern zu vernehmen. Praktisch zeitgleich hat der Bundesrat zwei bemerkenswerte Botschaften publiziert:

Förderung von Fintech-Innovationen: Der Bundesrat will innovative Formen von Finanzdienstleistungen möglich machen und denkt über tiefere Hürden und Erleichterungen in Form einer Fintech-Linzenz nach.

Strategie der digitalen Schweiz: Auch im Strategiepapier "Digitale Schweiz" sieht Bundesbern die Digitalisierung als Motor zur Entwicklung und Erneuerung und will die Startup-Szene unterstützen, damit Innovationen schnell in den Markt gebracht werden können.

Fintech-Lizenz statt Banklizenz

In seiner Medienmitteilung unterstreicht der Bundesrat die Absicht, innovative Formen von Finanzdienstleistungen zu ermöglichen. Deshalb hat er das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, den regulatorischen Handlungsbedarf im Bereich innovativer Finanztechnologien (Fintech) zu prüfen.

Was sich auf den ersten Blick wie eine "normale" Medienmitteilung liest, enthält bei genauerem Hinsehen eine gewisse Sprengkraft.

Konkret möchte der Bundesrat den Markteintritt für neue, innovative Finanztechnologien erleichtern. Deshalb sollen bestehende Markteintrittshürden für Fintech-Unternehmen abgebaut werden. Vor allem in den Bereichen: Crowdfunding, Zahlungsverkehr, Blockchain-Technologien, virtuelle Währungen, Vergleichs- und Informationsportale, Anlageberatung und Vermögensverwaltung.

Bundesbern betrachtet das Bankengesetz (BankG) als nicht sachgerecht für Fintech-Unternehmen, weil deren Dienstleistungen ausserhalb des banktypischen Kerngeschäfts liegen. Es soll daher nach Wegen gesucht werden, neue innovative Unternehmen entsprechend ihrem Risikopotenzial entweder ganz von der Bankengesetzgebung auszunehmen oder die Anforderungen an die Bewilligungserteilung verhältnismässig auszugestalten.

Mit dieser Idee nimmt der Bundesrat einen Vorschlag von Mark Branson (Direktor FINMA) auf, der schon mehrmals die "Banklizenz light" für Fintech-Unternehmen ins Spiel gebracht hat.

Der Auftrag an das Finanzdepartement

Die konkreten Schritte, um Erleichterungen für Fintech-Unternehmen zu schaffen:

Der Bundesrat möchte vor diesem Hintergrund insbesondere eine eigenständige Bewilligungskategorie sowie zweckgebundene Ausnahmen von der Bankengesetzgebung und befristete Erleichterungen für Fintech-Unternehmen geprüft haben. Weil dies Anbietern in den Bereichen virtuelle Währungen, Zahlungssysteme, Applikationen für die digitale Vermögensverwaltung und auch Crowdfunding-Plattformen ihre Tätigkeit erleichtern könnte.

Das EFD hat nun den konkreten Auftrag, mögliche Konzepte bis im Herbst 2016 vorzulegen.

Die neue Strategie "Digitale Schweiz"

Der Bundesrat hatte bisher schon eine "Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz". Diese Strategie von 2012, mehr auf die Regierung selbst ausgerichtet, ist nun eingemottet worden – ersetzt durch das neue Papier vom April 2016, das sehr viel breiter gefasst ist. Die neue Botschaft hat an Klarheit, Breite und auch an Brisanz einiges mehr zu bieten. Die Strategie "Digitale Schweiz" involviert alle Parteien im Land und ist auch als Aufforderung zum Dialog zu verstehen. Einige Zitate aus der Strategie "Digitale Schweiz", welche auch den Finanzbereich betreffen, als Auszug (Fettmarkierungen in den zitierten Textpassagen stammen von der Redaktion):
 

Zum Thema: Digitalisierung als Beitrag zur Sicherung und zum Ausbau des Wohlstandes

Die Schweiz als innovative Volkswirtschaft nutzt die Digitalisierung als Motor zur Entwicklung und Er- neuerung. Der rasche technische Fortschritt bei den IKT, neue Geschäftsmodelle, die zunehmende Be- deutung von Daten oder Entwicklungen wie das Internet of Things sind potenzielle Katalysatoren für wirtschaftliches Wachstum und Innovation. Der Bund schafft günstige Rahmenbedingungen, um dieses Potenzial der Digitalisierung zu nutzen. Es gilt, die Stärken der Schweiz wie einen flexiblen Arbeitsmarkt, die Exzellenz in Ausbildung und Forschung sowie die hochwertigen Infrastrukturen weiterzuentwickeln und in die Zukunft zu tragen. Auch eine breit gefächerte Start-up-Szene, die Innovationen schnell in den Markt bringt, spielt hier eine tragende Rolle.
 

Zum Thema: Sharing Economy und notwendiger Raum zur Entfaltung

Das Internet bietet die Chance für jede und jeden, Dienstleistungen erfolgreich anzubieten. So werden zum Beispiel Fahrdienste über ein digital unterstütztes Netzwerk von Privaten übernommen oder die Finanzierung von Innovationen erfolgt über Crowdfunding-Plattformen. Etablierte Marktteilnehmer werden durch die verbesserte Koordination von Angebot und Nachfrage über Internetplattformen oder von der technischen Entwicklung teilweise herausgefordert. In der Regel führt das Teilen von Ressourcen zu einer effizienteren Nutzung und einem verstärkten Wettbewerb, was aus volkswirtschaftlicher oder umweltpolitischer Perspektive sinnvoll sein kann.
 

Zur Umsetzung der Strategie

Die Strategie wird durch die zuständigen Departemente und Bundesstellen in Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft umgesetzt. Alle Massnahmen der Departemente und Bundestellen zur Umsetzung der Strategie „Digitale Schweiz“ sind in einem Aktionsplan zusammengefasst. Dieser Aktionsplan wird jährlich aktualisiert.

Neue Strategie und Auftrag ans EFD überraschend konkret

Interessant an der neuen Strategie sind die ungewohnt konkreten Bezüge und die Nennung der Fintech-Innovatoren. Der Bundesrat verharrt nicht in Verallgemeinerungen, er benennt private Fahrdienste (Uber), im Finanzbereich Crowdfunding-Plattformen und im Kontext der Innovations-Förderung mit Erleichterungen für Fintechs sind auch Services im Zahlungsverkehr, im Investmentbereich (Robo Advisors) und in weiteren Sparten herauszulesen, die den Finanzbereich tangieren.

Die Strategie "Digitale Schweiz" umfasst 15 Seiten, präsentiert im Detail die Gedanken, Meinung und Ziele des Bundesrates und lädt alle involvierten Parteien zum Dialog ein.
 

Das Strategie-Papier des Bundesrates: Strategie "Digitale Schweiz"

Medienmitteilung: Bundesrat will innovative Formen von Finanzdienstleistungen ermöglichen

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