Haben wir in unserem gestrigen Artikel das erste schrankenlose Parkhaus in Lübeck vorgestellt und den noch fehlenden Komfort in Schweizer Parkhäusern beweint, haben die Verantwortlichen von Twint heute unsere Tränen mit einem Lächeln getrocknet – und mit überzeugenden Argumenten und Fakten.
Was in Lübeck seit wenigen Tagen geht, läuft in Zürich schon seit einigen Wochen: Parkieren in Parkhäusern ohne Ticket, ohne Gang zur Kasse, ohne Münzen- oder Kartenkramen, einfach so. Oder mit anderen Worten: das Parkhaus kennt mich und öffnet die Schranken bei der Ein- und Ausfahrt.
Ticketloses Parkieren in der Schweiz
Im Gegensatz zur Lübecker-Lösung bauen die Twint-Verantwortlichen keine Schranken ab, die bleiben, wo sie sind. Diese Schranken machen aber einen Unterschied zwischen Unbekannten und Freunden. Unbekannte ziehen Tickets bei der Einfahrt und zahlen an der Kasse vor der Ausfahrt. Das übliche und bekannte Ticket-, Münzen- oder Kartengefummel.
Seit heute gehöre ich zum engeren Zirkel. Freunde werden bei der Einfahrt ins Parkhaus über das hinterlegte Autokennzeichen erkannt, die Barriere geht hoch, ohne Knopfdruck und Ticketziehen. Dasselbe bei der Ausfahrt. Das Parkhaus weiss, wie lange ich geparkt habe, bucht den Betrag automatisch ab und öffnet die Schranke. Auf Wiedersehen Parkhaus, ohne dass ein Ticket eingeschoben werden muss – ich habe ja keins. Und ich brauche auch keins. Das ist praktisch.
Das Prozedere funktioniert reibungslos, sofern Nutzerinnen und Nutzer von Twint die Parkhaus-Funktion in ihrer App freigeschaltet haben. Dazu gehören: Autokennzeichen erfassen und das Einverständnis, dass der verparkte Betrag ohne zusätzliche Authentifizierung oder Freigabe abgebucht werden darf. Letzteres macht auch Sinn, anderenfalls gäbe es bei der Ausfahrt einen Stopp vor der geschlossenen Schranke und Gefummel mit dem Handy.
Ich gehe davon aus, dass ein Parkhaus rechnen kann und als grundehrliche Haut konzipiert worden ist, deshalb habe ich diese Einwilligung erteilt. Zudem ist mir das zweifache Sesam-öffne-dich-Erlebnis bei der Ein- und Ausfahrt wichtiger als Buchhaltung an der Kasse. Ob ein Parkhaus schummelt, bleibt auf der Abrechnung immer noch sichtbar. Die CHF 0.25 dazu gehören nicht zur Kategorie Rechnungsfehler, das ist die Gebühr pro Parking für den neuen Komfort. Die Fee fällt nicht ins Gewicht, zumindest nicht bei den kühnen Parkhaustarifen in den Zürcher Innenstadt.
Auch als Freund: nicht voll Schub jede Parkhaus-Schranke ins Visier nehmen
Der neue Komfort darf genossen werden, zu viel Selbstbewusstsein ist allerdings noch nicht angebracht. Zum einen könnte es sein, dass Scanner oder Kamera bei der Nummerschild-Erkennung etwas langsamer reagieren, je nach Tagesform, als ich erwarte. Zum anderen sind noch nicht lückenlos alle Schweizer Parkhäuser mit im Spiel. Zu viel Übermut kann deshalb Barrieren kosten.
Die Parkhaus-Premiere hat Twint erst kürzlich gefeiert und in Kooperation mit Digitalparking die ersten Schritte gemacht. In zahlreichen Schweizer Städten sind aktuell um die 40 Parkhäuser bereits fit für das ticketlose Parkieren. Aktuell zum Beispiel zwei in Aarau, sechs in Zürich, drei in Luzern, weitere in Wettingen, Bremgarten, Bern, Boudry, Flims Waldhaus, Renens, Aigle, Tenero, Lugano, Basel und in anderen Städten.
Im Moment und zum Start sind die Standorte noch etwas Schweiz querbeet und ziemlich zersiedelt, Twint verspricht jedoch, laufend zu erweitern. Der Ausbau wird voraussichtlich schnell vonstatten gehen, ähnlich wie bei den Parksäulen. Vor drei Jahren waren über die App bedienbare Parksäulen noch die Ausnahme, heute ist das Netz in der ganzen Schweiz bereits sehr dicht gewoben.