Der schweizerische Cloud-Markt befindet sich im Aufwind: Laut einer Studie des Marktforschungs-Unternehmens IDC im Auftrag von Microsoft wird sich allein der Markt für Public-Cloud-Services von 2022 bis 2026 mehr als verdoppeln. Grösste Kategorie unter den Cloud-Services bleibt Software-as-a-Service (56%), während Platform-as-a-Service am schnellsten wächst – mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 32 Prozent.
Den grössten Mehrwert erzielen solche Services im Rahmen eines Multi-Cloud-Ansatzes. Dabei nutzen Unternehmen ein Ökosystem aus mehreren Clouds und betreiben Workloads, Anwendungen und Daten über verschiedene Private, Hybrid, Native, Public und Edge Clouds hinweg. Daten von VMware zeigen, dass bereits heute neun von zehn IT-Entscheidern mit einer solchen Strategie arbeiten.
Effizientere Prozesse mit konsistenter Multi-Cloud-Infrastruktur
Um die Abläufe in Multi-Cloud-Ökosystemen einheitlich zu gestalten, hilft ein Software-Defined Datacenter (SDDC). Dieses bildet Infrastrukturressourcen für Computing, Netzwerk und Speicher virtualisiert ab. Dadurch erleichtert es Kunden, schnell in die Cloud umzuziehen und so den Einstieg in eine Multi-Cloud-fähige Umgebung zu meistern. Denn nur wenn eine Multi-Cloud-Infrastruktur konsistent aufgebaut ist, können Nutzer Anwendungen und Workloads nahtlos überwachen, verwalten und sichern. Ein SDDC fungiert ausserdem als Grundlage, um Cloud-Lösungen verschiedener Anbieter ohne Code- oder Konfigurationslösungen zu kombinieren. Mithilfe vereinheitlichter Management- und Betriebsabläufe können Unternehmen zudem die Time-to-Market verkürzen und Kosten senken.
Die Kompatibilität mit Containern spart ebenfalls Zeit und Kosten, indem sie Unternehmen erlaubt, Workloads zwischen verschiedenen Anbietern oder Clouds zu bewegen. Automatisierung wiederum hilft Teams, die mit verschiedenen Clouds arbeiten, Anwendungen schnell und skalierbar bereitzustellen, ohne den Betrieb zu überlasten. Auf diese Weise unterstützt die Multi-Cloud Unternehmen dabei, agiler und flexibler zu werden, und ermöglicht Entwicklerinnen und Entwicklern, produktiver zu arbeiten. Durch das Zusammenspiel von Cloud-Lösungen wie AWS, Azure, Google oder Oracle erlaubt der Ansatz ausserdem, Daten möglichst effizient zu verwalten und zu speichern, um sie zur richtigen Zeit bereitzustellen. Auf diese Weise bringt die Multi-Cloud Innovationen voran – und hat branchenübergreifend bereits zukunftsweisende Anwendungen auf den Weg gebracht.
Mercedes transformiert die Konnektivität im Auto
Das gilt zum Beispiel für die Automobilindustrie, die verstärkt an nachhaltigen Mobilitätskonzepten arbeitet: Laut Statista ist der Anteil der Elektroautos in der Schweiz seit 2010 kontinuierlich gestiegen – und hat sich zwischen 2019 und 2022 vervierfacht.
Somit dürften auch die kommenden Jahre von Wachstum gekennzeichnet sein – und der Konkurrenzkampf unter den Herstellern wird sich verstärken. Autobauer wie Mercedes setzen daher auf eine Multi-Cloud-Strategie, um innovativ zu bleiben und Kunden neue Fahrerlebnisse zu bieten.
Um ein eigenes Betriebssystem für das Auto zu entwickeln, das die Konnektivität für Fahrer und Beifahrer verbessert, verbindet Mercedes verschiedene Clouds und Netzwerke. Auf dieser Plattform laufen Edge Clouds und Telekommunikations-Netzwerke, die eine so hohe Ausfallsicherheit bei geringer Latenz bieten, dass Fahrer selbstfahrender Autos während der Fahrt an Video-Calls teilnehmen können. Mit Hilfe der Skalierbarkeit öffentlicher Mobilfunknetzwerke wie 5G können Passagiere darüber hinaus Filme und Serien streamen oder Online-Games spielen, wenn das Auto steht – ohne Verzögerung oder verpixelte Auflösung. Um diese Plattform bereitzustellen, nutzt Mercedes einen Android-Container. Dieser erlaubt Drittanbietern sicheren Zugriff für die Zusammenarbeit zur Entwicklung spezifischer Apps für das Fahrzeug.
Das Tochterunternehmen Mercedes-Benz.io, das auf die Entwicklung von Software und Lösungen für die digitalen Plattformen des globalen Mercedes-Marketings und Vertriebs spezialisiert ist, nutzt ebenfalls einen Multi-Cloud-Ansatz. Das Team entwickelt Software nach Cloud-nativen Prinzipien, um mit seiner Innovationsgeschwindigkeit der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Dabei arbeitet es mit verschiedenen Clouds und kann dadurch produktiver arbeiten, besser skalieren und die Time-to-Market reduzieren.
Optimierte Erfahrung für Bankkunden
Bei Challenger-Banken handelt es sich in der Regel um junge FinTechs oder Startups, die etablierte Finanzinstitute auf Basis digitaler Geschäftsmodelle herausfordern. Zu ihren wesentlichen Merkmalen zählen eine hohe Kundenzentrierung und rein digitale Angebote bei niedrigen Gebühren. Die Nachfrage nach den Services solcher Anbieter wie Atom Bank, N26 oder Monzo ist offenbar gross: Dem Branchenportal Finbold zufolge ist die Zahl der jungen Digitalbanken in Europa 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 28 Prozent gestiegen.
Ein Vorreiter bei der Nutzung mehrerer Clouds ist die britische Starling Bank. Dank Multi-Cloud verfügt sie über die nötigen Rechenkapazitäten, um Finanzdienstleistungen datenzentriert auszurichten und die Kundenerfahrung zu verbessern. Dafür hat das Finanzinstitut auf den anonymisierten Datenbestand in Public Clouds zurückgegriffen und unter Einbezug von KI-Trends und Verhaltensweisen der Kunden abgeleitet. Auf dieser Basis kann es nun schnellere Prognosen hinsichtlich der Nachfrage treffen und zügig auf Probleme reagieren, was ihr einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Zudem hat dieser Ansatz neue Plattform-Upgrades und Nutzerfunktionen ermöglicht, zum Beispiel digitale Unterkonten, virtuelle Karten oder Zahlungen in mehreren Währungen.
Darüber hinaus kann die Bank ihren Kunden nun auch einen detaillierteren Überblick über den Zahlungsverkehr geben: Unterstützt von Edge-Netzwerken bietet sie Händleridentifikation und Standortinformationen in Echtzeit, sodass Kunden einfacher herausfinden können, was sie wann und wo bezahlt haben. Durch diesen Fokus auf Kundenerfahrung, unterstützt von Cloud Computing, konnte die Starling Bank ihre Marktposition verbessern und weist als eine der ersten Challenger-Banken Gewinn aus.
Qualität der Patientenversorgung erhöhen
Das Gesundheitswesen ist ein weiterer Bereich, in dem Cloud-Nutzung Innovation ermöglicht. Ein Anwendungsbeispiel sind Test-, Versuchs- und Implementierungsprozesse bei Impfprogrammen. In diesem Kontext hat Cloud Computing es Pharmaunternehmen in der Vergangenheit bereits ermöglicht, vertrauliche Patientendaten in grossem Masse über öffentliche und private Netze zu speichern und die Ergebnisse schnell zu analysieren, um sie im iterativen Entwicklungsprozess zu nutzen.
Auch bei Anforderungen hinsichtlich Regulatorik, Kosten und Sicherheit ermöglicht eine Multi-Cloud-Strategie Flexibilität, indem sie erlaubt, Infrastruktur und Anwendungen bedarfsgerecht anzupassen. Vor diesem Hintergrund hat sich auch das saudische Gesundheitsministerium für diesen Weg entschieden. Heute betreibt es mehrere Clouds, um tausende Krankenhäuser, Kliniken und Apotheken im Land zu unterstützen. Dafür hat das Ministerium eine Multi-Cloud-Plattform eingeführt und die zuvor genutzten Server mit hohem Energieverbrauch und Wartungsaufwand abgeschafft. Dadurch, dass relevante IT-Prozesse nun Cloud-basiert laufen, kann das Ministerium Workloads in Echtzeit zwischen verschiedenen Anbietern verschieben, während sein IT-Team diese über einen einzigen Bildschirm einsehen und verwalten kann. Ärztinnen, Ärzte, Pflegepersonal sowie Patientinnen und Patienten können dadurch ortsunabhängig und sicher auf ihre Daten zugreifen. Krankenhausmanager und -betreiber haben so ebenfalls zuverlässigeren Zugang zu den benötigten Daten.
Mehrwert der Cloud-Nutzung maximieren
Die Beispiele zeigen, wie Unternehmen ihre Anwendungsentwicklung mit Hilfe einer Multi-Cloud-Strategie beschleunigen und dadurch innovative Lösungen vorantreiben können. Ein zentraler Vorteil liegt dabei in der Flexibilität, Anwendungen, Workloads und Daten reibungslos zwischen verschiedenen Clouds zu verschieben – was grösstmögliche Skalierbarkeit und Agilität verspricht.