Vor knapp zwei Wochen haben wir die Neo-Bank Yuh ausführlich porträtiiert. In unserer Geschichte haben wir auch erklärt, warum Yuh als Schweizer Antwort auf das Challenger-Schlachtross Revolut zu den aussergewöhnlichen FinTechs mit sehr viel Potenzial gehört, hier.
Yuh hat die Marke von 100'000 Kundinnen und Kunden geknackt
Hatte Yuh zu dieser Zeit gerade an der Kundenmarke von 100'000 gekratzt, hat das FinTech die runde Zahl nun voll gemacht. Das ist nicht erstaunlich, der Weg vom Kratzen bis zum Sprung über die 100'000er-Marke war nur kurz. Bemerkenswert bleibt allerdings, dass die Neo-Bank nur gerade 580 Tage gebraucht hat, um Zahl der aktiven Userinnen und User in den sechsstelligen Bereich zu hieven.
Mit ein Grund für diese Akzeptanz im Markt ist, dass Yuh in hoher Kadenz laufend neue Features in die App integriert. Grosse und kleine. Auch diese Funktionen haben wir in unserer Story vorgestellt, allerdings ohne nachzurechnen und die hohe Schlagzahl in Tage zu fassen. Diese Zahl hat Yuh nun nachgeliefert: im Schnitt hat das FinTech alle 38 Tage ein neues Feature lanciert. Integriert in eine Umgebung, die mit den Basisfunktionen von Zahlen, Sparen und vor allem Investieren bereits deutlich über dem Angebots-Korb liegt, den die meisten anderen Neo-Banken im Programm haben.
Aggressivität auf Samtpfoten
Im Gegensatz zu Revolut operiert Yuh in Kommunikation und Ansprache nicht sichtbar aggressiv. Das gehört nicht zum Konzept des FinTechs, Lärm und Kampfansagen bleiben aussen vor. Yuh gibt sich im Gegenteil im Look verspielt und geschmeidig, in der Ansprache locker und flockig.
Das ist für die Konkurrenten allerdings kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. In Strategie und Produktgestaltung agiert Yuh vergleichbar aggressiv wie Revolut – deshalb hat das FinTech von unserer Redaktion die Etikette "Aggressivität auf Samtpfoten" umgehängt bekommen. Yuh ist in der Schweiz die Challenger-Bank unter den Neo-Banken. Das FinTech greift offensiv an, klassische Banken und Neo-Banken, allerdings ohne die Offensive anzukündigen. Die Macherinnen und Macher fallen nicht durch Geschrei und Marketinggebrüll auf, sie bleiben zurückhaltend und beweisen sich durch konstante und solide Leistungen in Form von Erweiterungen in der App. Alle 38 Tage neu.
Insofern ist das Statement von CEO Markus Schwab zur 100'000-Kunden-Feier, "Die Party geht jetzt erst richtig los", nicht unbedingt als freundliche Einladung für alle zu verstehen. Bunte Drinks, Popcorn und All-You-Can-Eat-Buffet gibt's schon, aber nur für Kundinnen und Kunden. Für die Neo-Konkurrenten dürfte Yuh ein harter Knochen bleiben, der in App, Angebot, Funktionen und Takt weiterhin Massstäbe setzt.
Mit zur Haltung von Yuh gehört, Mut nicht mit Übermut zu verwechseln, deshalb wird die Konkurrenz ernst genommen, Schwab sagt:
Der Schweizer Finanzplatz ist unter Smartphone-Banken hart umkämpft
CEO und Team scheinen jedoch klare Vorstellungen zu haben, wie der harte Kampf geführt werden muss. Mit der Bemerkung, "100'000 Userinnen und User sind für Yuh erst der Anfang", bleibt das FinTech seiner Linie treu, spricht keine aufsehenerregende Zielmarken-Kampfansage aus, sondern etabliert schlicht einen Ausgangspunkt mit Ausblick auf Spielräume. Wie die Vergangenheit gezeigt hat offenbar auch mit dem festen Willen, diese Spielräume zu nutzen.
Neo-Banken-Land Schweiz – zwischen Vertical Banking und Super-App
Die Neo-Banken-Dichte in der Schweiz ist für ein kleines Land ungewöhnlich hoch. Sind in Europa 97 Neo-Banken aktiv, ist der Anteil der FinTechs mit Sitz in der Schweiz überproportional. Aktuelle Zahlen und Fakten dazu gibt's hier und hier. In Sachen Masse der Kundinnen und Kunden liegt die britische Challenger-Bank Revolut im Moment in der Schweiz noch unangefochten an der Spitze. Die kürzlich von uns verifizierten Zahlen liegen deutlich über 500'000 aktiven Userinnen und Usern, nach Aussagen von Revolut rückt die 600'000er-Marke in Reichweite.
Diese Werte sind insofern bemerkenswert, als Revolut laufend wächst, ohne offensiv ins Marketing zu investieren. Diesen Part übernehmen Nutzerinnen und Nutzer, die ihren Freunden erzählen, welche Features aus dem enorm breiten Angebot der Challenger-Bank ihnen das Leben leichter machen. Ein Effekt, von dem in den eigenen Reihen zunehmend auch Yuh profitieren dürfte. Die Schweizer Challenger-Bank ist in der Breite und Tiefe von Angebot und Features am ehesten mit dem Programm von Revolut vergleichbar. Mit 100'000 aktiven Kundinnen und Kunden, generiert innerhalb von 19 Monaten in einem bereits stark besetzten Markt, hat Yuh den Grundstein gelegt, die Member-get-Member-Schiene mit zusätzlicher Dynamik zu nutzen.
Mit wachsender Kundenzahl schlagen Empfehlungs- und auch Netzwerkeffekte deutlich stärker durch. Davon kann auch Yuh profitieren. Damit ist das Rennen in der Schweiz noch nicht gelaufen, auch andere Neo-Banken sind und bleiben aktiv. Durch Challenger-Banken wie Revolut und Yuh werden jedoch die Anspruchshürden für andere Neo-Banken deutlich höher gesetzt – Standard mit Konto, Karte und Basisservices schafft nicht den tragfähigen Boden, um auf Dauer im Spiel zu bleiben.
Chancen auf langfristigen Erfolg dürften Neos und Challengers haben, die sich mit überzeugenden Angeboten entweder in der Nische von Vertical Banking positionieren oder sich in der vollen Breite als Super-App einen Namen machen. Guter Durchschnitt zwischen diesen beiden Polen wird auf lange Sicht kaum genügen, Mittelmass könnte irgendwann unterwegs aus der Kurve fliegen.
FinTech-Landschaft Schweiz
Erfreulich ist, dass auch im breiter gefassten FinTech-Bereich nun schon einige bemerkenswerte Schweizer Türme erbaut worden sind, welche den gepflegten Branchendurchschnitt, auch den internationalen, sichtbar überragen. Neben Yuh im Neo-Banking gehören zum Beispiel Twint im Mobile Payment, ebenfalls mit Ambitionen zur Super-App, oder auch die Krypto-Bank Sygnum dazu. Es sind nicht die einzigen, aber diese drei FinTechs fallen durch Konstanz und hohen Output in der Entwicklung auf.
Ob hinter diesen Namen etablierte Banken oder autonome Macherinnen und Macher stehen, spielt für potenzielle Kundinnen und Kunden heute keine besonders grosse Rolle. Diese interessieren sich weniger für grosse Marken mit Seitenwagen, sie vergleichen schlicht Leistungen, Funktionen und faire Konditionen. Passen diese zu ihren individuellen Wünschen, ihren Vorstellungen und vor allem auch zu ihren Lebensgewohnheiten, bekommen neue oder alte Brands das Ja-Wort. Dass dabei Sicherheit geboten und Vertrauen immer wieder neu gerechtfertigt werden muss, gehört zu den erwarteten Selbstverständlichkeiten. Erwartungen, welche die neuen und die etablierten Anbieter erfüllen müssen.
Bewertungskriterien haben sich verändert, das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten ebenfalls. Haben früher aus verschiedenen Gründen eher grosse Namen überzeugt, sind es heute verstärkt Leistungen und Konditionen. Eine interessante Ausgangslage. Sie macht die Spiesse für Anbieter mit unterschiedlichem Hintergrund vergleichbar lang.