Bei der Gründung 2013 ein Startup, heute ein Scaleup – das Business-Software-Unternehmen Bexio meldet zu seinem zehnten Geburtstag die erreichte Zahl von mehr als 70'000 Kundinnen und Kunden. Zahlende Kunden, wie das FinTech explizit unterstreicht. Der Hinweis auf zahlende Kunden fällt auf, weil Bexio gar kein kostenloses Abo im Programm hat, die verschiedenen Abo-Varianten umfassen ausschliesslich kostenpflichtige Pakete.
Stürmer Bexio und Verfolger Swiss21
Die Abgrenzung der zahlenden Kunden dürfte mit dem Angreifer und Verfolger Swiss21 zu tun haben, der seit seinem Markteintritt vor fünf Jahren mit einer kostenlosen Business-Software-Plattform den Markt aufmischt. Swiss21 ist mit aktuell mehr als 61'000 Kundinnen und Kunden dem fünf Jahre älteren Konkurrenten Bexio auf den Fersen.
Die Lösungen von Bexio und von Swiss21 sind im Leistungsumfang weitgehend vergleichbar, sie unterscheiden sich vor allem in den Kosten: monatliche Abogebühr bei Bexio, Nulltarif bei Swiss21.
Die Nulltarif-Politik von Swiss21 hängt weder mit Grossherzigkeit noch mit betriebswirtschaftlichem Wahnsinn zusammen, das Unternehmen verfolgt schlicht eine andere Strategie. Swiss21 setzt auf den wachsenden Hunger nach erweiterten Funktionen, der sich während der grosszügigen Gratisphase – diese Phase ist zeitlich nicht limiert – früher oder später bemerkbar macht. Ist dieser Hunger bei KMU und Startups gross genug geworden, wechseln Gratis-Nutzer auf die kostenpflichtigen Versionen. Je nach gewähltem Paket und Add-ons liegen die monatlichen Abogebühren bei Swiss21 in einem ähnlichen Rahmen wie bei Bexio.
Wie sich die 61'000 Kundinnen und Kunden auf kostenlose und kostenpflichtige Abos verteilen, will Swiss21 auf Anfrage nicht verraten und hält dieses Verhältnis unter Verschluss. Für den Gesamtmarkt spielt das allerdings keine Rolle, jeder nutzende und zufriedene Kunde ist erstmal für einige Zeit weg vom Markt und für die Konkurrenz nicht mehr erreichbar. Das gilt umgekehrt auch für die Kunden von Bexio.
Der Markt trocknet dennoch nicht aus, mit rund 600'000 Mikro- und Kleinunternehmen in der Schweiz bleibt das Spielfeld gross. Auch dann, wenn die Wechselbereitschaft bei Business-Software eher klein bleibt und nur alle paar Jahre zum Thema werden kann. Dazu kommen jährlich mehrere zehntausend Neugründungen von Startups und KMU, die eine umfassende und kostengünstige Business-Software-Lösung brauchen.
Natürlich gibt es noch weitere Business-Software-Anbieter, die im Markt unterwegs sind, kleinere und grössere. Nimmt man den Schweizer Platzhirsch Abacus in diesem besonderen Fall aus (Begründung: Angreifer Swiss21 ist ein Projekt aus dem Hause Abacus), dann sind Bexio und Swiss21 schlicht die auffälligsten Protagonisten im Markt der Business-Software-Lösungen für KMU und insbesondere auch für Kleinstunternehmen. Auffällig im Sinne von sichtbar, hörbar und breit eingesetzten Produkten im Markt.
Bexio wächst alle 8 Monate um 10'000 Kunden
Um von 50'000 auf 60'000 Kunden zu kommen, hat Bexio acht Monate gebraucht. Weitere acht Monate später liegt das FinTech bei 70'000 Kunden. Bleibt Bexio seiner 8-Monate-Regel auch in Zukunft treu, dürfte das Unternehmen in zwei Jahren die 100'000er-Marke knacken.
Das Unternehmen entwickelt seine Business-Software laufend weiter und baut auch die Schnittstellen zu Banken aus, damit Zahlungsdaten und Kontoinformationen zwischen Software und Banken einfach und weitgehend automatisiert ausgetauscht werden können.
Aktiv ist Bexio auch bei der Integration neuer Partner-Lösungen auf seinem Marktplatz. Aktuell sind bereits 120 zuschaltbare Apps verfügbar, welche Zusatzfunktionen anbieten, mit denen sich KMU und Startups komfortabel automatisieren und in verschiedenen Bereichen zusätzlich digitalisieren lassen.
Das FinTech Bexio gestern und heute
Die Gründer um Jeremias Meier haben Bexio zwischen 2013 und 2018 zu einem FinTech gemacht, das mit einer durchdachten und vielseitigen Administrations-Software überzeugen konnte. Offenbar nicht nur direkte Anwenderinnen und Anwender, sondern auch die Mobiliar, welche das FinTech 2018 gekauft hat und seither als Tochter im Konzern führt.
Die Übernahme durch den Versicherer, fünf Jahre nach Gründung des Startups, hat damals hohe Wellen geschlagen. Bexio hatte zu diesem Zeitpunkt 15'000 Kundinnen und Kunden an Bord. Technologie, Know-how und der noch überschaubare Kundenstamm sollen der Mobiliar kolportierte und stolze 115 Millionen Franken wert gewesen sein. Ein grandioser Exit für die Gründer, für die Branche eine nicht nachvollziehbare Spitzenbewertung des noch jungen Unternehmens.
Bexio beschäftigt heute 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und scheint offensichtlich – seit fünf Jahren als Tochter der Mobiliar – gut unterwegs zu sein mit seiner cloudbasierten Software-Lösung.
Auch verwegene Investoren können gewinnen
Hohe Übernahmekosten hin oder her, längerfristig dürfte sich das Investment der Mobiliar für den Versicherer rechnen.
70'000 Kunden mit einer durchschnittlichen Fee von 70 Franken pro Monat generieren heute einen Jahresumsatz von knapp 60 Millionen, Zusatzleistungen nicht eingerechnet. Mit einer überschaubaren Crew von 150 Personen, nicht luxuriösen Raum- und gängigen Betriebskosten bleiben Beträge im Topf, die auch verwegene und spendable Investoren fröhlich machen könnten.